4A_29/2014: Keine Pflicht des Gerichts, mit der Zustellung der Klage bis zur Leistung des Kostenvorschusses zuzuwarten (amtl. Publ.)

Der Beschw­erde­führer A. reichte beim Kan­ton­s­gericht Graubün­den eine Klage wegen Urhe­ber­rechtsver­let­zung und unlauterem Wet­tbe­werb ein. Der Vor­sitzende der II. Zivilka­m­mer set­zte A. eine Frist zur Leis­tung des Kosten­vorschuss­es an. Gle­ichzeit­ig stellte er die Klageschrift der Beklagten zu und set­zte Frist zur Ein­re­ichung der Klageant­wort an. In der Folge wurde das Ver­fahren auf­grund von Ver­gle­ichs­ge­sprächen sistiert, wom­it bei­de Fris­ten ent­fie­len. Nach­dem die Ver­gle­ichs­be­mühun­gen gescheit­ert waren, nahm der Vor­sitzende das Ver­fahren wieder auf und set­zte erneut Frist zur Leis­tung des Kosten­vorschuss­es und zur Ein­re­ichung der schriftlichen Klageant­wort an.

A. leis­tete den Kosten­vorschuss auch innert Nach­frist nicht. Vier Tage nach Ablauf der Zahlungs­frist reichte die Beklagte die Klageant­wort und eine Hon­o­rarnote ein. Fünf Tage später trat das Kan­ton­s­gericht auf die Klage nicht ein. Es aufer­legte A. die Gericht­skosten und eine Parteientschädi­gung von CHF 6’587.30 für die Aufwen­dun­gen zur Ausar­beitung der Klageant­wort durch den Rechtsvertreter der Beklagten.

Der Beschw­erde­führer A. beantragte dem Bun­des­gericht, die Parteientschädi­gung aufzuheben. Er rügte ins­beson­dere, die Vorin­stanz  habe die Klage umge­hend zur Beant­wor­tung zugestellt, anstatt zu warten, bis der Kosten­vorschuss einge­gan­gen und damit eine Prozessvo­raus­set­zung erfüllt sei. Durch diesen Ver­fahrens­fehler habe die Vorin­stanz unnötige Parteikosten verur­sacht, die sie sel­ber zu tra­gen habe. Die Vorin­stanz habe auch den Gehör­sanspruch ver­let­zt, da sie die Klageant­wort und die Hon­o­rarnote nicht zur Ken­nt­nis­nahme und Stel­lung­nahme zugestellt habe (Urteil 4A_29/2014 vom 7. Mai 2014, E. 2). 

Das Bun­des­gericht hob den ange­focht­e­nen Entscheid wegen Ver­let­zung des Gehör­sanspruchs auf. Bei ihrem Entscheid, dem Beschw­erde­führer eine Parteientschädi­gung aufzuer­legen, stellte die Vorin­stanz mass­ge­blich auf die Klageant­wort und die Hon­o­rarnote ab. Das Bun­des­gericht sah deshalb in der Nichtzustel­lung dieser Eingaben eine schwere Ver­let­zung des Gehör­sanspruchs (E. 3).

Bemerkenswert sind die weit­eren Erwä­gun­gen des Bun­des­gerichts. Aus prozessökonomis­chen Grün­den äusserte sich das Bun­des­gericht zur Frage, ob die Vorin­stanz Bes­tim­mungen der ZPO ver­let­zte, indem sie der Beklagten die Klageschrift bere­its vor Bezahlung des Kosten­vorschuss­es zur Beant­wor­tung zustellte (E. 4). Das Bun­des­gericht verneinte eine Pflicht des Gerichts, mit der Zustel­lung der Klage zu warten, bis der Kosten­vorschuss geleis­tet wird.

Gemäss Bun­des­gericht sollte das Zuwarten mit der Zustel­lung der
Klageschrift bis zur Zahlung des Kosten­vorschuss­es die Regel bilden (E.
4.3). Die Ver­fahrensleitung ste­he jedoch im Ermessen des Gerichts, das in der Regel annehmen dürfe, eine anwaltlich vertretene Partei leiste den Kosten­vorschuss (E. 4.2). Werde deshalb eine Frist zur Ein­re­ichung der Klageant­wort ange­set­zt und sei sich die kla­gende Partei nicht darüber im Klaren, ob sie den Kosten­vorschuss leis­ten wolle, müsse sie umge­hend beim Gericht um Abnahme der Antwort­frist ersuchen.
Werde kein Antrag gestellt, könne der kla­gen­den Partei eine Parteientschädi­gung aufer­legt wer­den (E. 4.2.1).

Das Bun­des­gericht führte weit­er aus, mit der Zustel­lung der Klage trete die Fort­führungslast ein, weshalb die Klage ohne Zus­tim­mung der Gegen­partei nicht mehr ohne Ver­lust des eingeklagten Anspruchs zurück­ge­zo­gen wer­den könne. Die Nichtleis­tung des Kosten­vorschuss­es sei aber nicht als Klagerück­zug zu behan­deln. Der darauf erge­hende Nichtein­tretensentscheid ent­falte keine materielle Recht­skraftwirkung (E. 4.2.2).