5A_126/2014: Antrag auf Sicherstellung der Parteientschädigung (Bestreitung neuen Vermögens, Art. 265a Abs. 4 SchKG) (amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den Bun­des­gericht­sentscheid hat­te sich das Bun­des­gericht mit der Frage zu befassen, ob ein Antrag auf Sich­er­stel­lung der Parteientschädi­gung zu bez­if­fern ist.

Y. (Beschw­erdegeg­n­er) hat­te Klage auf Bestre­itung neuen Ver­mö­gens gemäss Art. 265a Abs. 4 SchKG gegen die X. AG erhoben. Die erste Instanz bewil­ligte Y. die unent­geltliche Recht­spflege und set­zte einen unent­geltlichen Rechts­bei­s­tand ein. Die X. AG stellte daraufhin ver­schiedene Anträge, u.a. den folgenden: 

 “Die kla­gende Partei sei zu verpflicht­en, für die nach gerichtlichem Ermessen festzuset­zende Parteientschädi­gung samt Aus­la­gen der beklagten Partei gemäss dem Dekret über die Entschädi­gung der Anwälte Sicher­heit zu leisten.”

Die erste Instanz bewil­ligte schliesslich Y. weit­er­hin die
unent­geltliche Recht­spflege und Ver­beistän­dung und wies das
Sich­er­stel­lungs­ge­such ab.

Hierge­gen erhob die X. AG Beschw­erde ans Oberg­ericht und beantragte u.a., Y.
“sei zu verpflicht­en, für die nach gerichtlichem Ermessen
festzuset­zende Parteientschädi­gung samt Aus­la­gen der beklagten Partei
gemäss dem Dekret über die Entschädi­gung der Anwälte Sicher­heit zu
leis­ten”. Allen­falls sei die Sache zur Neubeurteilung an die erste
Instanz zurück­zuweisen. Das Oberg­ericht trat auf die Beschw­erde nicht
ein.

Dage­gen erhob die X. AG (Beschw­erde­führerin) wiederum Beschw­erde in
Zivil­sachen und even­tu­aliter sub­sidiäre Ver­fas­sungs­beschw­erde, und
beantragte u.a., Y. sei zu verpflicht­en, für die nach gerichtlichem
Ermessen festzuset­zende Parteientschädi­gung samt Aus­la­gen, min­destens in
der Höhe der Grun­dentschädi­gung von Fr. 10’515.30 zuzüglich MWST,
gemäss dem Dekret über die Entschädi­gung der Anwälte Sicher­heit zu
leisten.

Das Bun­des­gericht erwog zunächst, dass gegen den ange­focht­e­nen Entscheid eine Beschw­erde zuläs­sig sei: Es gehe um den Sich­er­stel­lungsanspruch und um die Gewährung der unent­geltlichen Recht­spflege. Weil die Möglichkeit eines Nachteils rechtlich­er (und nicht bloss tat­säch­lich­er) Natur dro­he, sei die Beschw­erde unter dem Gesicht­spunkt von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zuläs­sig (E. 1.1.). Weit­er erwog das Bun­des­gericht, dass in der Regel zwar kein schutzwürdi­ges Inter­esse daran beste­he, die Gewährung der unent­geltlichen Recht­spflege der Gegen­partei anzufecht­en. Da jedoch die Gewährung der unent­geltlichen Recht­spflege von Sicher­heit­sleis­tun­gen befreie (Art. 118 Abs. 1 lit. a ZPO), sei die Beschw­erde­führerin aus­nahm­sweise dazu legit­imiert, die Gewährung der unent­geltlichen Recht­spflege der Gegen­partei anzufecht­en (E. 1.2.).

Umstrit­ten war in der Folge, ob die Beschw­erde­führerin ihren Antrag auf Sicher­heit­sleis­tung hätte konkret bez­if­fern müssen. Die Vorin­stanz hat­te argu­men­tiert, dass wed­er dem Rechts­begehren noch der Begrün­dung hätte ent­nom­men wer­den kön­nen, für welchen Betrag die Beschw­erde­führerin Sich­er­stel­lung ver­lange (E. 2.). Das Bun­des­gericht schützte diese Argu­men­ta­tion zunächst und erwog, dass ein bloss­er Ver­weis auf den kan­tonalen Anwalt­starif nicht genüge, weil die Beschw­erde­führerin in ihrem Antrag auch noch auf das gerichtliche Ermessen ver­wiesen habe (E. 3.1.).

Anschliessend prüfte das Bun­des­gericht jedoch, ob die Beschw­erde­führerin ihren Antrag auf Sich­er­stel­lung der Parteientschädi­gung über­haupt habe bez­if­fern müssen. 

Hierzu erwog das Bun­des­gericht zunächst, dass die Mei­n­un­gen in der Lit­er­atur ges­pal­ten seien (E. 3.2.2.). Da mit der Sich­er­stel­lung eine allfäl­lige kün­ftige Parteientschädi­gung gesichert wer­den soll, drängte sich für das Bun­des­gericht ein Ver­gle­ich mit den Anforderun­gen an Anträge auf Aus­rich­tung ein­er solchen Entschädi­gung auf. Das Gericht hielt dafür, in der Lehre herrsche weit­ge­hend Einigkeit, dass der Antrag auf Aus­rich­tung ein­er Parteientschädi­gung nicht bez­if­fert wer­den müsse, son­dern dass all­ge­mein übliche For­mulierun­gen wie “unter Kosten- und Entschädi­gungs­folge” genü­gen wür­den (E. 3.2.2.), und fol­gerte daraus:

„Es ist nicht ersichtlich, weshalb beim Antrag auf Leis­tung ein­er Sicher­heit für die Parteientschädi­gung stren­gere Vorschriften gel­ten soll­ten, was die Bez­if­fer­ung des Antrags bet­rifft, als später bei den Anträ­gen auf Zus­prechung ein­er Parteientschädi­gung. Triftige Gründe, die gegen eine Gle­ich­be­hand­lung sprechen, beste­hen nicht. Dies gilt umso mehr, als die Bez­if­fer­ung für die antrag­stel­lende Partei am Ende des Prozess­es sog­ar ein­fach­er wäre als zum Zeit­punkt des Sich­er­stel­lungsantrags […] Es ist davon auszuge­hen, dass das Gericht in der Lage ist, den erwarteten Aufwand und damit die am Ende des Ver­fahrens allen­falls zu sprechende Parteientschädi­gung abzuschätzen, so wie es auch am Ende des Ver­fahrens in der Lage ist, bei Fehlen ein­er Kosten­note den gebote­nen und zu entschädi­gen­den Aufwand abzuschätzen. […] Eine Bez­if­fer­ung des Sich­er­stel­lungsantrags ist fol­glich zwar zuläs­sig, aber von Geset­zes wegen nicht vorgeschrieben.“ 

Da die erste Instanz dem Beschw­erdegeg­n­er die unent­geltliche Recht­spflege bewil­ligt und deshalb den Sich­er­stel­lungsantrag inhaltlich noch nicht beurteilt hat­te, und da in der Folge an die kan­tonale Beschw­erde keine stren­geren Anforderun­gen gestellt wer­den kön­nten als an die Begehren vor der ersten Instanz, schade es der Beschw­erde­führerin auch nicht, dass sie ihren Antrag in der kan­tonalen Beschw­erde nicht bez­if­fert habe (E. 3.2.3.). Die Beschw­erde wurde schliesslich teil­weise gut­ge­heis­sen, soweit darauf einzutreten war, und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwä­gun­gen ans Oberg­ericht zurück­gewiesen (E. 3.2.4.).