Das Amtsgeheimnis halt keine Geltung zwischen Behörden, welche mit der gleichen Angelegenheit in unterschiedlichen Funktionen befassten sind, wie das Bundesgericht entschieden hat.
Der Beschwerdeführer war der groben Verletzung der Verkehrsregeln durch unerlaubtes Rechtsüberholen auf der Autobahn schuldig gesprochen worden. Dagegen machte erfolglos geltend, dass eine Kantonspolizistin anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung als Zeugin ausgesagt habe, ohne von der vorgesetzten Behörde gemäss Art. 170 Abs. 3 StPO vom Amtsgeheimnis entbunden worden zu sein. Diese Aussage sei entgegen den in Art. 170 Abs. 1 und 2 StPO statuierten Ermächtigungsvoraussetzungen ergangen und daher rechtswidrig, unterliege folglich dem strikten Verwertungsverbot von Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO. Da sich die Vorinstanz mit ihrem Urteil auf die Aussagen dieser Zeugin stützte, sei Art. 141 Abs. 1 StPO verletzt.
Der bundesgerichtliche Entscheid verweist zunächst auf den Entwurf zur Schweizerischen Strafprozessordnung (E. 3.1): Dieser sah in Art. 167 Abs. 2 lit. a E‑StPO vor, dass Beamte nicht nur aufgrund einer Ermächtigung durch die vorgesetzte Behörde, sondern auch auszusagen haben, wenn sie einer Anzeigepflicht unterliegen (BBl 2006 1438). Diese Bestimmung wurde vom Parlament gestrichen, weil sie nur wenige Fälle betreffe und die Entbindungspflicht nicht durch die Anzeigepflicht umgangen werden dürfe (AB S 2006 1018). Die Parallelnorm in Art. 171 Abs. 2 lit. a StPO, welche sich auf Träger eines Berufsgeheimnisses bezieht, wurde hingegen beibehalten.
Im Folgenden fasst das Bundesgericht den Streitstand in der Literatur zusammen (E. 3.2–3.3): Ein Teil der Lehre geht davon aus, auch mit der geltenden Fassung bedürfe die Strafbehörde keiner Ermächtigung zur Aussage, falls es sich bei deren Inhalt um Tatsachen handle, welche eine Anzeigepflicht gemäss Art. 302 StPO begründen. Das Amtsgeheimnis wirke deshalb nicht zwischen Beamten, die aufgrund der gemeinsamen Zielsetzungen notwendigerweise zusammenarbeiten, um eine bestimmte staatliche Aufgabe zu erfüllen, wie z.B. unter Strafverfolgungsbehörden. Andere Autoren vertreten die Auffassung, dass mit der Streichung von Art. 167 Abs. 2 lit. a E‑StPO auch Polizisten, welche über die Feststellungen an einem Tatort als Zeuge aussagen, einer Ermächtigung durch die vorgesetzte Behörde bedürfen. Jedoch sei kaum vorstellbar, dass die vorgesetzte Behörde die Einwilligung verweigern könnte, so dass es sich um einen administrativen Leerlauf handle.
Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass keine Ermächtigung der vorgesetzten Behörde erforderlich ist, wenn ein Polizist im Zuge des Strafverfahrens Aussagen über Feststellungen am Tatort macht, sofern er diesbezüglich einer Anzeigepflicht unterliegt (E. 3.3): Die Beweggründe des Gesetzgebers, Art. 167 Abs. 2 lit. a E‑StPO zu streichen, sind nicht nachvollziehbar. Denn erstens wurde die gleichlautende Bestimmung des Art. 171 Abs. 2 lit. a StPO für Träger eines Berufsgeheimnisses beibehalten. Und zweitens besteht im Schrifttum hinsichtlich Art. 320 StGB Einigkeit darüber, dass keine Einwilligung durch die vorgesetzte Behörde erforderlich ist und somit keine Amtsgeheimnisverletzung vorliegt, sofern gesetzliche Offenbarungs‑, Anzeige- oder Meldepflichten bestehen. Es kann nicht die Meinung des Gesetzgebers gewesen sein, diese Frage im Strafgesetzbuch (Art. 320 StGB) und in der Strafprozessordnung (Art. 170 StPO) unterschiedlich zu regeln und damit eine Diskrepanz zwischen den beiden Erlassen zu schaffen.
Im Ergebnis bedeutet das:
3.3 […] Das Amtsgeheimnis gilt nicht zwischen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten, welche mit der gleichen Angelegenheit befasst sind. Eine Ermächtigung ist hingegen erforderlich für Aussagen über Tatsachen, die ausserhalb der Anzeigepflicht liegen oder für Personen, welche keiner Anzeigepflicht unterstehen.