4A_319/2014: Sonderprüfung, Beweismass für die Voraussetzung der vorgängigen Ausübung des Auskunfts- oder Einsichtsrechts (amtl. Publ.)

Im Zusam­men­hang mit einem Gesuch um die Ein­set­zung eines Son­der­prüfers war vor dem Bun­des­gericht strit­tig, ob die Vorin­stanz zu Recht die formelle Voraus­set­zung der vorgängi­gen Ausübung des Auskun­fts- oder Ein­sicht­srechts durch die gesuch­stel­len­den Aktionäre (Art. 697a Abs. 1 i.V.m. Art. 697 OR) bejaht hat­te. Die Vorin­stanz war dabei zum Schluss gekom­men, dass es gesamthaft als glaub­haft erscheine, dass die Aktionäre ihr Auskun­fts- oder Ein­sicht­srecht aus­geübt hatten. 

Das Bun­des­gericht wies zunächst darauf hin, dass der Umstand, dass für eine Angele­gen­heit — wie die Son­der­prü­fung (Art. 250 lit. c Ziff. 8 ZPO) — das sum­marische Ver­fahren (Art. 248 ff. ZPO) gilt, nicht bedeutet, dass das Beweis­mass her­abge­set­zt wird. Vielmehr gilt auch in dieser Ver­fahren­sart das Regel­be­weis­mass, es sei denn, aus dem Gesetz oder dessen Ausle­gung ergebe sich etwas abwe­ichen­des (E. 4.3.1.).

Hin­sichtlich der in diesem Ver­fahren stre­it­i­gen formellen Voraus­set­zung stellte das Bun­des­gericht jedoch klar, dass Glaub­haft­machung nicht genügt son­dern vielmehr die vorgängige Ausübung des Auskun­fts- und Ein­sicht­srechts im Sinne des Regel­be­weis­mass­es nachgewiesen wer­den muss. Die Gesuch­steller müssen das Gericht somit von der Ausübung des Auskun­fts- und Ein­sicht­srechts überzeu­gen, so dass dieses keine ern­sthaften Zweifel mehr hat. Zur Begrün­dung führte das Bun­des­gericht aus (E. 4.3.3.):

Im Gesetz beste­ht kein Anhalt­spunkt dafür, dass in Bezug auf die Voraus­set­zung der vorgängi­gen Ausübung des Auskun­fts- oder Ein­sicht­srechts ein bloss­es Glaub­haft­machen genü­gen soll. Vielmehr sieht Art. 697b Abs. 2 OR einzig hin­sichtlich der materiellen Voraus­set­zung ein­er Geset­zes- oder Statuten­ver­let­zung und ein­er Schädi­gung der Gesellschaft oder der Aktionäre vor, dass ein Glaub­haft­machen genügt. (…) Die vorgängige Ausübung des Auskun­fts- oder Ein­sicht­srechts stellt (…) keinen Umstand dar, über den erst die Son­der­prü­fung informieren soll. Vielmehr liegt er offen­sichtlich in der Wis­senssphäre des Gesuch­stellers selb­st. Mit Bezug auf diese Voraus­set­zung beste­ht somit insofern kein Grund für eine Her­ab­set­zung des Beweis­mass­es auf eine blosse Glaub­haft­machung. Dem entspricht es im Übri­gen, dass in der Recht­sprechung auch hin­sichtlich der Aktionär­seigen­schaft und der Höhe der Kap­i­tal­beteili­gung der  Nach­weis und nicht ein bloss­es Glaub­haft­machen ver­langt wurde (vgl. Urteil 4C.412/2005 vom 23. Feb­ru­ar 2006 E. 3.2).

 Eben­so wenig sind typ­is­che Beweiss­chwierigkeit­en oder gar eine Beweis­not ersichtlich, die eine Her­ab­set­zung des Beweis­mass­es recht­fer­ti­gen kön­nten, weil andern­falls die Anspruch­snorm kaum durchzuset­zen wäre. Dem Aktionär, der die vorgängige Ausübung des Auskun­ft­srechts beweisen muss, ste­ht insoweit namentlich das Pro­tokoll der Gen­er­alver­samm­lung zur Ver­fü­gung, sind doch die Begehren um Auskun­ft und die darauf erteil­ten Antworten zu pro­tokol­lieren (Art. 702 Abs. 2 Ziff. 3 OR).

 Im Übri­gen hielt das Bun­des­gericht fest, dass selb­st bei der Annahme, die Vorin­stanz sei vom richti­gen Beweis­mass aus­ge­gan­gen, der Entscheid der Vorin­stanz bun­desrechtswidrig ist. Es begrün­dete dies damit, dass sich die Würdi­gung der im Recht liegen­den Beweise unter Willkür­gesicht­spunk­ten als nicht halt­bar erweist (E. 5).