5A_619/2014: Berechnung der einjährigen Frist zur Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung

Im vor­liegen­den Ver­fahren hat­te das Bun­des­gericht zu beurteilen, ob im Rah­men ein­er Anfech­tung der Vater­schaft die in Art. 260c Abs. 1 ZGB vorge­se­hene ein­jährige Anfech­tungs­frist einge­hal­ten wor­den war. 
 
Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zu Grunde: A. anerkan­nte am 28. Jan­u­ar 2009 die am 16. Novem­ber 1999 geborene B. als seine Tochter. Mut­ter von B. ist C. Am 11. Juni 2009 heirateten A. und C. A. reichte seine Klage mit Eingabe vom 11. Juli 2013 ein, nach­dem durch DNA-Gutacht­en im Juni 2013 bewiesen wor­den war, dass er nicht der Vater der B. ist. Bere­its im Novem­ber 2009 wurde eine Sper­maun­ter­suchung durchge­führt, welche im Mai 2010 bestätigt wurde. Darin wurde eine geringe 3% diag­nos­tizierte Zeu­gungs­fähigkeit festgestellt. 

Mit Bezug auf die Ein­hal­tung der ein­jähri­gen Klage­frist war vor Bun­des­gericht nur noch stre­it­ig, ob das Ergeb­nis der Spermiogramme von 2009 und 2010 den Beschw­erde­führer zu Zweifeln und deshalb zu Abklärun­gen hin­sichtlich sein­er Vater­schaft hät­ten ver­an­lassen müssen und ob dem Beschw­erde­führer mit Rück­sicht auf die erst kurz zuvor geschlossene Ehe mit der Kindsmut­ter der­ar­tige Abklärun­gen zumut­bar waren (E. 4.1.).
 
Dem bun­des­gerichtlichen Entscheid lagen fol­gende Erwä­gun­gen zugrunde:
  • Das Bun­des­gericht erin­nerte vor­ab daran, dass der Beschw­erde­führer zu beweisen hat, wann und wie er die Tat­sache sein­er Nicht­vater­schaft erfahren hat. Mass­gebend sei die sichere, prozes­su­al ver­w­ert­bare Ken­nt­nis der Nicht­vater­schaft. Blosse Zweifel und Befürch­tun­gen genügten in der Regel nicht; es sei denn, der Kläger sei nach den Umstän­den gehal­ten, sich über stich­haltige Tat­sachen zu informieren, um Gewis­sheit zu erlan­gen; erforder­lich ist nach bun­des­gerichtlich­er Recht­sprechung, dass das Unter­lassen solch­er Abklärun­gen als unentschuld­bar erscheint (E. 4.1.).
  • Das Bun­des­gericht bestätigte die vorin­stan­zliche Fest­stel­lung, dass die Tat­sache, dass der Beschw­erde­führer von sein­er fak­tis­chen Steril­ität im Jahre 2009/ 2010 erfahren hat­te, beim ihm hätte Zweifel daran weck­en müssen, ob er zehn Jahre zuvor zur Zeu­gung sein­er Tochter fähig war. Diese Zweifel hät­ten ihn zu Abklärun­gen sein­er Vater­schaft ver­an­lassen müssen. Der Beschw­erde­führer habe indessen während mehr als zweiein­halb Jahren nichts unter­nom­men (E. 4.2.).
  • Es ver­warf das Argu­ment des Beschw­erde­führers, dass die Unter­las­sung weit­er­er Unter­suchun­gen entschuld­bar gewe­sen sei, da die geforderten Abklärun­gen nicht nur die Beziehung zu seinem Kind, son­dern auch die eben begrün­dete Ehe gefährdet hät­ten. Das Bun­des­gericht erwog, dass der Beschw­erde­führer mehr als zwei Jahre zuge­wartet habe. Zudem habe der Beschw­erde­führer kurz nach der Geburt Rus­s­land ver­lassen und das Kind erst rund zehn Jahre später anerkan­nt. Die Beziehung zur Mut­ter sei wech­sel­haft gewe­sen. Entsprechend kam das Bun­des­gericht zum Schluss, dass das Ver­hält­nis und die neu einge­gan­gene Ehe keinen Entschuldigungs­grund abzugeben ver­mö­gen und dass Abklärun­gen bere­its vor Ablauf des Jahres 2010 zumut­bar gewe­sen wären (E. 4.3.).

Das Bun­des­gericht bestätigte den vorin­stan­zlichen Entscheid, wonach die Klage nicht bin­nen Jahres­frist ein­gere­icht und deshalb das Klagerecht ver­wirkt war (E. 4.5.). (Vgl. auch die Entschei­dbe­sprechung in der NZZ vom 6. Feb­ru­ar 2015).