2C_689/2015: Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 27 BV auf die Erteilung von Konzessionen nicht anwendbar (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Entscheid vom 31. März 2016 äusserte sich das BGer zur Gewässer­nutzungsverord­nung des Kan­tons Uri (GNV UR, RB 40.4105). Die GNV ergänzt das Gewässer­nutzungs­ge­setz des Kan­tons Uri (GNG UR, RB 40.4101) und enthält ins­beson­dere Bes­tim­mungen über das Konzes­sions- und Bewil­li­gungsver­fahren für die Nutzung des öffentlichen Kan­ton­s­gewässers zur Energieerzeu­gung. Im Jahr 2014 beschloss der Lan­drat des Kan­tons Uri diverse Änderun­gen der GNV. Gegen diese Änderun­gen führte die Kraftwerk Schächen­schale AG Beschw­erde beim BGer und stellte den Antrag, diverse Bes­tim­mungen der GNV aufzuheben. Das BGer weist die Beschw­erde ab.

Zunächst moniert die Beschw­erde­führerin, dass das in den Art. 2c bis 2e GNV UR geregelte Ver­fahren bei konkur­ri­eren­den Konzes­sion­s­ge­suchen gegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK ver­stosse. Das BGer ist jedoch der Ansicht, dass Art. 6 Ziff. 1 EMRK keine Anwen­dung finde:

Der von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ver­wen­dete Begriff der “zivil­rechtlichen” Ansprüche und Verpflich­tun­gen wird zwar nach der Prax­is des EGMR in einem weit­eren Sinne ver­standen als der Begriff des Zivil­rechts im Sinne des schweiz­erischen Rechts; voraus­ge­set­zt ist jedoch, dass es um ein Recht geht, das nach der mass­geben­den lan­desrechtlichen Regelung beste­ht. Artikel 6 Ziff. 1 EMRK find­et zwar Anwen­dung, wenn es um den Entzug eines wohler­wor­be­nen Rechts geht […], nicht hinge­gen auf die Ver­fahren um Erteilung von Konzes­sio­nen, soweit darauf kein Recht­sanspruch beste­ht […]. Wie dargelegt […], ergibt sich aber aus dem WRG kein Anspruch auf Konzes­sion­serteilung. Die Beschw­erde­führerin macht auch nicht gel­tend, dass ihr auf­grund des kan­tonalen Rechts ein Anspruch auf Konzes­sion­serteilung zustünde. Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist somit nicht anwend­bar (E. 2.3.).

Sodann brin­gen die Beschw­erde­führer vor, dass die in Art. 27 BV normierte Wirtschafts­frei­heit durch die ange­focht­e­nen Bes­tim­mungen tang­iert sei. Das BGer ist auch hier ander­er Meinung:

Mit der Erteilung ein­er Konzes­sion wird […] ein­er­seits dem Konzes­sionär ein dauer­haftes Priv­i­leg an der betr­e­f­fend­en Wasserkraft ver­schafft und spiegel­bildlich zugle­ich allen anderen Inter­essen­ten jegliche Nutzung der­sel­ben unter­sagt. Damit wer­den die wesentlichen Grundzüge der Wirtschafts­frei­heit, näm­lich Wet­tbe­werb und Gle­ich­be­hand­lung der Konkur­renten, völ­lig aus­geschal­tet. Ein so aus­gestal­tetes Konzes­sion­ssys­tem und die Wirtschafts­frei­heit sind gegen­sät­zliche und unvere­in­bare Konzepte; jenes set­zt voraus, dass diese aus­geschlossen ist und umgekehrt (E. 2.4.4.).

Das BGer ver­wirft auch die gegen spez­i­fis­che Bes­tim­mungen des rev­i­dierten GNV UR vorge­bracht­en Argu­mente (E. 3 bis 5) und aufer­legt der Beschw­erde­führerin Gericht­skosten von Fr. 10’000.–.