4A_179/2016: Mitverschulden der Mutter an Verkehrsunfall des Kindes (amtl. Publ.)

X. war mit seinem Motor­roller unter­wegs. Auf dem Trot­toir liefen B. (vier Jahre und elf Monate alt) und dessen Schwest­er C. (9 Jahre alt)  in die gle­iche Rich­tung wie die Fahrtrich­tung von X. B. begab sich uner­wartet auf die Fahrbahn, wo er vom Motor­roller des X. mit ein­er Geschwindigkeit von unge­fähr 60 km/h erfasst wurde. Am Unfal­lort betrug die sig­nal­isierte Höch­st­geschwindigkeit 60 km/h.

Im Strafver­fahren stellte das Tri­bunal de police du can­ton de Genève im Zivilpunkt fest, X. sei für den Unfall alleine ver­ant­wortlich. X. appel­lierte gegen das Urteil und ver­langte under anderem eine Reduk­tion sein­er Haf­tungsquote im Innen­ver­hält­nis auf 70%.

Die Cham­bre pénale d’ap­pel wies die Beru­fung ab. Das Bun­des­gericht hiess hinge­gen die von X. erhobene Beschw­erde teil­weise gut und set­zte die Haf­tungsquote von X. im Innen­ver­hält­nis um 30% auf 70% herab und reduzierte die von der Mut­ter geforderte Genug­tu­ung (Urteil 4A_179/2016 vom 30. August 2016).

X. hat­te gel­tend gemacht, die Mut­ter der bei­den Kinder tre­ffe ein Ver­schulden. Die Mut­ter begleit­ete üblicher­weise die Kinder auf dem Schul­weg, war aber am Unfall­t­ag ver­hin­dert, weshalb sie B. in die Obhut ihrer neun­jähri­gen Tochter gab (E. 4.1).

Das Bun­des­gericht bejahte ein Ver­schulden der Mut­ter. Die Neun­jährige sei zwar in der Lage gewe­sen, den Schul­weg allein zu meis­tern. Ihr hät­ten jedoch die intellek­tuellen und physis­chen Voraus­set­zun­gen gefehlt, um auf B. aufzu­passen und ihn vor den Gefahren des Strassen­verkehrs zu schützen. B. litt an Hyper­ak­tiv­ität und war erst kür­zlich zusam­men mit sein­er Mut­ter und Schwest­er in die Schweiz immi­gri­ert (E. 5.2).