Im Zusammenhang mit der “Affäre Mörgeli” hatten mehrere Zeitungen Artikel veröffentlicht, die mutmasslich geheime, universitätsinterne Informationen verwendeten. Die Universität Zürich (UZH) hatte daher Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung gegen unbekannt gestellt. In der Folge überprüfte die UZH auf Ersuchen der zuständigen Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich alle universitären Telefonanschlüsse und Email-Adressen von ihren Mitarbeitern und Studenten rückwirkend auf Kontakte mit Anschlüsse und Email-Adressen von Journalisten bzw. Zeitungen und übergab der Staatsanwaltschaft die ermittelten Kontaktdaten. Die Staatsanwaltschaft führte darauf eine Strafuntersuchung gegen Iris Ritzmann und deren Ehemann.
Das BezGer ZH sprach Prof. Ritzmann vom Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses frei, weil die wesentlichen Beweismittel, auf welche sich die Anklage stütze, nicht verwertbar seien. Das OGer ZH bestätigte diese Auffassung, wie jetzt auch das BGer.
Die Oberstaatsanwaltschaft argumentierte, die Staatsanwaltschaft habe die relevanten Daten nicht kraft hoheitlicher Verfügungsgewalt erhalten Die Unversität habe diese Daten zwar auf ihre Anregung hin, aber letztlich freiwillig herausgegeben.
Das BGer weist dieses Argument zurück:
- Zwar hätte die Staatsanwaltschaft die UZH nicht hoheitlich zur Herausgabe der Daten auffordern können. Auch eine Beschlagnahme wäre nicht in Frage gekommen. Bei Verweigerung der Herausgabe hätte vielmehr die kantonale Beschwerdeinstanz entscheiden müssen. Die Staatsanwaltschaft habe aber auch nicht darauf hingewiesen, dass die Herausgabe u.U. hätte verweigert werden können
- Die UZH und das Hochschulamt haben die Daten demnach nicht aus eigener Initiative ausgewertet und übermittelt, sondern auf Aufforderung der Staatsanwaltschaft und nach deren Vorgaben. Die betreffenden Daten seien daher als von der Staatsanwaltschaft erhobene Beweise zu betrachten.
Sodann seien die Grundsätze rechtsstaatlichen Handels verletzt worden:
- BV 13 schützt die Vertraulichkeit auch der Kommunikation per Telefon und Email. Vorliegend griff die Datenauswertung in dieses Recht ein, insb. weil die betroffenen Personen Telefon und Email auch privat nutzen und sich auf die Vertraulichkeit der Kommunikation verlassen durften.
- Die Datenauswertung ist daher eine Zwangsmassnahme i.S.v. StPO 196, die nach StPO 197 nur unter bestimmten Umständen zulässig ist, insbesondere nur im öffentlichen Interesse, bei hinreichendem Tatverdacht, bei gesetzlicher Grundlage und auf verhältnismässige Weise.
- Ein hinreichender Tatverdacht fehlte aber, weil die Tathandlung zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch keiner konkreten Person zugeordnet werden konnte.
- Zudem war die Massnahme unverhältnismässig. Es wurden über Monate alle angefallenen Telefon- und Email-Kontaktdaten von allen Angehörigen der UZH durchsucht. Daraus resultierte eine grosse Anzahl Treffer. Für diese Personen war die Erhebung der Fernmeldedaten mit einem “nicht unbedeutenden Grundrechtseingriff” verbunden. Für die Staatsanwaltschaft war sodann voraussehbar, dass die meisten dieser Personen nicht beschuldigte Personen sein werden, auch weil die Durchsuchung nicht auf Kontakte mit einzelnen Journalisten beschränkt war, sondern teilweise ganze Zeitungsverlage miteinbezog.
Im Ergebnis bestätigte das BGer daher das Beweisverwertungsverbot und wies die Beschwerde ab.