5A_935/2015: Definitive Rechtsöffnung gestützt auf eine deutsche notariell ausgestellte Urkunde über Scheidungsfolgen

Im vor­liegen­den Urteil hat­te das Bun­des­gericht zu prüfen, ob die Vorin­stanz der Beschw­erdegeg­ner­in zu Recht defin­i­tive Recht­söff­nung erteilt hat­te gestützt auf eine in Deutsch­land von ein­er Notarin aus­gestellte voll­streck­bare öffentliche Urkunde („Zur Regelung der Tren­nungs- und Schei­dungs­fol­gen abgeschlossen­er Ehevertrag“).
In diesem Zusam­men­hang erwog das Bun­des­gericht u.a.:

  • Gemäss LugÜ kön­nen auch die im Ausstel­lungsstaat voll­streck­baren öffentlichen Urkun­den in einem anderen Ver­tragsstaat voll­streck­bar und ein Titel für die defin­i­tive Recht­söff­nung sein (Art. 57 revLugÜ und Art. 50 LugÜ/1988; E. 3.1).
  • Nach deutschem Recht kön­nen Ehe­gat­ten durch Ehev­er­trag grund­sät­zlich Vere­in­barun­gen (auch) über son­stige Schei­dungs­fol­gen wie den nachehe­lichen Kindesun­ter­halt tre­f­fen und dies­bezüglich in notarieller Urkunde einen voll­streck­baren Titel gemäss deutsch­er ZPO schaf­fen (E. 3.2).
  • Der Ein­wand des Beschw­erde­führers (Vater), der Beschw­erdegeg­ner­in (Tochter) fehle die Aktivle­git­i­ma­tion, wurde ver­wor­fen, weil der Beschw­erdegeg­ner­in, nach­dem sie volljährig gewor­den war, gestützt auf deutsches Recht kor­rekt eine voll­streck­bare Aus­fer­ti­gung erteilt wor­den war (E. 3.4).
  • Die vorgelegte voll­streck­bare öffentliche Urkunde ver­stiess auch nicht gegen den Ordre pub­lic (E. 3.5). Das Bun­des­gericht ver­warf ins­beson­dere das Argu­ment, dass eine ver­tragliche Verpflich­tung über Kindesun­ter­halt, welche nicht vom deutschen Schei­dungs­gericht genehmigt werde, gegen den schweiz­erischen Ordre pub­lic ver­stosse. Das Bun­des­gericht hielt dazu fest, dass nicht alle Staat­en von einem „Konzept der Ein­heit des Schei­dung­surteils“ wie in der Schweiz aus­ge­hen wür­den; es war nicht dar­ge­tan, dass das Ergeb­nis aus der voll­streck­baren öffentlichen Urkunde den Wertvorstel­lun­gen der schweiz­erischen Recht­sor­d­nung krass wider­sprechen würde (E. 3.5.3).
  • Bezüglich der ange­blich einge­trete­nen Ver­jährung (Art. 81 Abs. 1 SchKG) erwog das Bun­des­gericht, dass der Schuld­ner bei Mass­ge­blichkeit aus­ländis­chen Rechts die entsprechen­den Recht­squellen dar­tun müsse, und dass ein bloss­er Hin­weis auf die (ange­blich) “zutr­e­f­fende” Anwen­dung des deutschen BGB durch die Erstin­stanz den Begrün­dungsan­forderun­gen nicht genüge (E. 3.6.1).
  • Schliesslich (E. 3.6.4) liess das Bun­des­gericht man­gels entsprechen­der Dar­legun­gen des Beschw­erde­führers offen, ob bei voll­streck­baren öffentlichen Urkun­den gemäss „altem“ LugÜ die Ein­wen­dun­gen nach Art. 81 Abs. 2 SchKG möglich sind, und nahm auch nicht Stel­lung zur „Luzern­er Prax­is“, das Ver­fahren auszuset­zen und dem Schuld­ner auf Antrag hin Gele­gen­heit zur Klagean­hebung innert bes­timmter Frist zu geben (LGVE 2005 I Nr. 44). 

Die Beschw­erde wurde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.