9C_752/2015: Verantwortlichkeit in der beruflichen Vorsorge; Risikofähigkeit der Vorsorgeeinrichtung (amtl. Publ.)

Die BVG-Sam­mel­s­tiftung G. zeich­nete sich dadurch aus, dass sie mit ein­er garantierten Verzin­sung der Altersguthaben von 5% bei drei­jähri­gen Verträ­gen warb. Der Zinssatz war um 25% höher als der vom Bun­desrat fest­gelegte Mindestzinsatz.

Im Jan­u­ar 2001 über­nahm das Bun­de­samt für Sozialver­sicherun­gen (BSV) die Auf­sicht über die Sam­mel­s­tiftung. Das BSV errichtete im Novem­ber 2002 eine Bei­s­tand­schaft und ord­nete im April 2003 die Aufhe­bung der Stiftung an. Der Sicher­heits­fonds BVG liess sich von der Stiftung sämtliche Ansprüche, unter anderen gegen mehrere Stiftungsräte, abtreten.

Der Sicher­heits­fonds reichte Teilk­lage beim Sozialver­sicherungs­gericht des Kan­tons Zürich ein und forderte einen Betrag von mehr als CHF 8.3 Mio. Der Sicher­heits­fonds warf den Beklagten ins­beson­dere pflichtwidriges bzw. wider­rechtlich­es Ver­hal­ten bezüglich der Anlagetätigkeit zwis­chen Jan­u­ar und Okto­ber 2001 vor (Urteil 9C_752/2015 vom 28. Dezem­ber 2016, E. 6). Das Sozialver­sicherungs­gericht wies die Klage ab. Die dage­gen erhobene Beschw­erde des Sicher­heits­fonds hiess das Bun­des­gericht teil­weise gut und wies die Sache zu neuem Entscheid zurück.

In lan­gen Erwä­gun­gen hielt das Bun­des­gericht ins­beson­dere fest, die Risikofähigkeit ein­er beru­flichen Vor­sorgeein­rich­tung sei die Fähigkeit, erfahrungs­gemäss zu erwartende mark­tbe­d­ingte Schwankun­gen des Gesamtver­mö­gens auszu­gle­ichen und über genü­gend liq­uide bzw. liq­ui­dier­bare Mit­tel zu ver­fü­gen, um laufende und kün­ftige Verbindlichkeit­en (Renten, Freizügigkeit­sleis­tun­gen usw.) erfüllen zu kön­nen. Zur Beurteilung der Risikofähigkeit sei wed­er auf einzelne Anla­gen noch auf die Verpflich­tun­gen gegenüber den einzel­nen Des­ti­natären son­dern auf die Gesamt­si­t­u­a­tion abzustellen, wie sie beispiel­sweise im Deck­ungs­grad ein­er Vor­sorgeein­rich­tung zum Aus­druck komme (zum Ganzen E. 6.1.3).

Das Anlagere­gle­ment der Sam­mel­s­tiftung habe Schwankungsre­ser­ven für Aktien von bis 20% des Kur­swerts der Aktien vorge­se­hen. Diese Reser­ven seien jedoch zu kein­er Zeit voll­ständig geäufnet gewe­sen. Der Stiftungsrat habe somit nicht sichergestellt, dass die Anlagestruk­tur jed­erzeit der Risikofähigkeit der Ver­sorgeein­rich­tung entsprach (E. 6.1.5).

Im Laufe des Jahres 2000 habe die Stiftung ihr Aktienen­gage­ment markant erhöht. Werde der Aktienbe­stand ein­er beru­flichen Vor­sorgeein­rich­tung erhöht, müssten der Stiftungsrat bzw. die Ver­ant­wortlichen unbe­d­ingt darauf acht­en, dass die nöti­gen Schwankungsre­ser­ven vorhan­den sind. Da dies nicht der Fall war, war ent­ge­gen der Vorin­stanz erstellt, dass die Stiftungsräte das Gebot der Sicher­heit der Anla­gen gemäss Art. 71 Abs. 1 BVG i.V.m. Art. 50 BVV 2 und die Pflicht zur Führung der Vor­sorgeein­rich­tung im Sinne von Art. 49a BVV 2 ver­let­zt hat­ten (zum Ganzen E. 6.1.5).