Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil vom 6. August 2018 setzte sich das BGer mit der Frage auseinander, ob die in die Verfassung aufgenommene Begrenzung des Baus von neuen Zweitwohnungen einen schweren Eingriff in die Eigentumsfreiheit der Grundeigentümer bewirkt. Die Immobilienfirma A. SA ist Eigentümerin des Grundstücks KTN 13360 in der Walliser Gemeinde Leytron. Am 19. Dezember 2012 erhielt die A. SA die Baubewilligung für die Erstellung eines Chalets mit vier Wohnungen. Diese Baubewilligung wurde vom BGer wieder aufgehoben, weil sie nach dem 11. März 2012, mithin nach Inkrafttreten von Art. 75b BV, erteilt wurde. Im Jahr 2015 gelangte die A. SA mit einer Entschädigungsforderung wegen materieller Enteignung in Höhe von CHF 512’439.00 an die Walliser Schätzungskommission für Enteignungen. Sowohl die Schätzungskommission als auch das in der Folge angerufene BGer weisen die Forderung ab.
Das BGer rekapituliert in einem ersten Schritt seine auf BGE 139 II 243 zurückgehende Rechtsprechung, wonach Art. 75b BV und seine Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV) mit Inkrafttreten am 11. März 2012 direkt anwendbar sind und für alle Zweitwohnungen gelten, die von ersten Instanzen nach diesem Datum bewilligt wurden.
In einem weiteren Schritt äussert sich das BGer zum Inhalt der Eigentumsgarantie. Das Eigentum sei nicht in unbeschränktem Umfang garantiert, sondern nur innerhalb der von der Rechtsordnung im öffentlichen Interesse gezogenen Grenzen. Die Regelung zur Begrenzung des Baus von neuen Zweitwohnungen bilde eine planungspolitische Massnahme auf Verfassungsstufe, die direkt anwendbar sei und die Möglichkeit zum Erstellen von Zweitwohnungen schweizweit auf Gemeindeebene neu regle. Wenn der Umfang des Eigentums neu umschrieben werde, so dass bisher bestehende Möglichkeiten der Eigentümer entfallen, könnten Betroffene in aller Regel keine Entschädigung verlangen. Etwas anderes gelte nur, wenn der Übergang zum neuen Recht zu krassen Ungleichheiten führe, die der Gesetzgeber nicht in Betracht gezogen hat und allzu harte Auswirkungen auf einzelne Eigentümer entfalte.
Im vorliegenden Fall sei dies nicht der Fall, denn die A. SA habe bereits vor der Abstimmung über die Zweitwohnungsinitiative erkennen können, dass ein nach einer allfälligen Annahme der Initiative eingereichtes Projekt für Zweitwohnungen nicht bewilligt werden könne. Inwiefern sich die Situation der A. SA von der Situation zahlreicher anderer betroffener Grundeigentümer unterscheide, sei sodann nicht erkennbar. Schliesslich verbleibe der A. SA die Möglichkeit, die Parzelle mit Erstwohnungen oder mit Wohnraum zur touristischen Nutzung zu überbauen.
Vgl. auch die Medienmitteilung des BGer vom 28. August 2018.