2C_1098/2018: Verjährung nach kantonalem Staatshaftungsrecht; Vertrauenstatbestand

Ein Grund­stück von A.C. und B.C. (Beschw­erde­führer) wurde infolge von Unwet­tern am 10./11. Okto­ber 2011 über­schwemmt und mit Kies, Geröll und Schwemmholz überdeckt. Die Gemein­den U. und W. führten die drin­gend­sten Aufräu­mar­beit­en durch, wobei die Armee Mate­r­i­al auf- und ablud.

Mit Schreiben an die Gemein­den U. und W. vom 19. Juni 2012 bean­stande­ten die Beschw­erde­führer, dass zuviel Mate­r­i­al abge­führt wor­den sei. Das Trassee vor ihrer Hütte liege nun ca. 80 cm tiefer als die Strasse. Nach einem Augen­schein hielt die Gemeinde U. in deren Schreiben vom 6. Juli 2012 fest, die Gemein­den wür­den darauf hin­wirken, dass das Mil­itär Ter­rainar­beit­en vor der Hütte aus­führen werde. Diese Ter­rainar­beit­en wur­den jedoch nicht aus­ge­führt, weshalb die Beschw­erde­führer am 10. Juli 2015 Klage gegen die Gemeinde U. einreichten.

Das Bezirks­gericht Leuk/Westlich Raron beschränk­te das Ver­fahren auf die Frage der Ver­jährung und wies die Klage ab. Das Kan­ton­s­gericht des Kan­tons Wal­lis wies die Beru­fung der Beschw­erde­führer ab. Das Bun­des­gericht hiess die Beschw­erde gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorin­stanz zurück (Urteil 2C_1098/2018 vom 27. Sep­tem­ber 2019).

Das Bun­des­gericht hat­te zu entschei­den, ob die Forderung der Beschw­erde­führer nach kan­tonalem öffentlichen Recht ver­jährt war (E. 2.1). Nach Art. 8 Abs. 1 des Geset­zes über die Ver­ant­wortlichkeit der öffentlichen Gemein­we­sen und ihrer Amt­sträger ver­jährt der Anspruch auf Schaden­er­satz oder Genug­tu­ung in einem Jahr von dem Tage an, an dem der Geschädigte Ken­nt­nis vom Schaden und vom ersatzpflichti­gen Gemein­we­sen erlangt hat, jeden­falls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren, vom Tage der schädi­gen­den Hand­lung an gerech­net (E. 2.2).

Das Bun­des­gericht hielt dazu fest, dass die ein­jährige Frist gemäss kan­tonalem Recht übere­in­stim­mend mit Art. 60 OR zu laufen beginne, wenn der Geschädigte Ken­nt­nis von der Per­son des Schädi­gers und der wesentlichen Ele­mente des Schadens habe. Der Geschädigte brauche nicht zu wis­sen, wie hoch der Schaden bez­if­fert wer­den könne, da der zif­fer­n­mäs­sig nicht nach­weis­bare Schaden gemäss Art. 42 Abs. 2 OR geschätzt wer­den könne. Sei der Schaden auf einen noch nicht abgeschlosse­nen Vor­gang zurück­zuführen, beginne die Frist erst mit Abschluss des schädi­gen­den Vor­ganges (E. 2.3). Die Klage war im konkreten Fall ver­jährt, da die Kläger den Schaden bere­its mit Schreiben vom 19. Juni 2012 moniert hat­ten (E. 2.4).

Die Einrede der Ver­jährung war auch nicht rechtsmiss­bräuch­lich erhoben wor­den. Die Beschw­erde­führer macht­en gel­tend, die Gemeinde habe eine Hin­hal­te­tak­tik ver­fol­gt, die gegen den Grund­satz von Treu und Glauben ver­stosse. Die Gemeinde habe immer nur von Lösun­gen gesprochen und in kein­er Phase der Ver­hand­lun­gen auf das Risiko ein­er Ver­jährung hingewiesen (E. 2.6.1). Das Bun­des­gericht schützte im Ergeb­nis das Vor­brin­gen (E. 3).

Das Bun­des­gericht hat­te ins­beson­dere zu entschei­den, ob eine Ver­trauensgrund­lage vor­lag. Gemäss Bun­des­gericht war sich die Gemeinde ihrer Ver­ant­wor­tung bewusst. Die Gemeinde habe zusam­men mit den Beschw­erde­führern einen Augen­schein genom­men und im Anschluss daran schriftlich fest­ge­hal­ten, sie werde darauf hin­wirken, dass der Schaden durch das Mil­itär beseit­igt werde. Mit dem Wort hin­wirken habe die Gemeinde gezeigt, dass sie die Sache an die Hand nehmen werde und sich die Beschw­erde­führer nicht darum zu küm­mern bräucht­en. Gemäss Bun­des­gericht habe die Gemeinde insofern einen Ver­trauen­statbe­stand geset­zt. Die Beschw­erde­führer durften deshalb davon aus­ge­hen, dass sie ihre Forderung nicht innert der ein­jähri­gen Ver­jährungs­frist gel­tend machen mussten. Der Ver­trauen­statbe­stand komme ein­er Schul­dan­erken­nung im Sinne von Art. 137 Abs. 2 OR sehr nahe bzw. sei ein­er solchen gle­ichzuset­zen (zum Ganzen E. 2.6.3).