Dieses Urteil betraf eine Klage auf aktienrechtliche Verantwortlichkeit, welche die Nachlassmasse der Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft gegen 14 (ehemalige) Organe vor dem Handelsgericht Zürich eingeleitet hatte. Die Organe übten zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Funktionen in der Konzernmuttergesellschaft, der SAirGroup, aus (E. A.b.).
Der Hintergrund der Klage stellte sich gemäss dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zusammengefasst und vereinfacht wie folgt dar: In den Jahren 1998/1999 wurde im SAirGroup-Konzern eine zentrale Konzernfinanzierung mit einheitlicher finanzieller Leitung eingeführt. Dabei wurde die Einführung eines Cash Pools vorgesehen, um die konzernweite Liquidität sicherzustellen. Ab dem zweiten Halbjahr 1999 betrieb die SAirGroup ein sogenannten Zero Balancing Cash Pooling. Als Poolleaderin setzte sie die von ihr eigens zu diesem Zweck in den Niederlanden gegründete SAirGroup Finance (NL) B.V. ein. Die Poolleaderin unterhielt auf ihren Namen Kontokorrent-Konti in USD, Euro und CHF. Die Konzerngesellschaften, darunter auch die Swissair, unterhielten ebenfalls auf ihren eigenen Namen je solche Konti. Die Konti der Konzerngesellschaften wurden täglich auf Saldo Null gestellt, wobei ein positiver Saldo dem Master Account der Poolleaderin gutgeschrieben bzw. ein negativer Saldo dem Master Account belastet wurde. Die Swissair war im Rahmen dieses konzernweiten Cash Pools — mit kurzen Ausnahmen — praktisch andauernd Nettogläubigerin der Poolleaderin und verfügt bis zuletzt über namhafte Guthaben bei ihr (E. A.d.a). Neben der Teilnahme an diesem Zero Balancing Cash Pool gewährte die Swissair der SAirGroup mit ihrer überschüssigen Liquidität seit ihrer Gründung im Mai 1997 bis zum Zusammenbruch der SAirGroup im Oktober 2001 laufend Festgeld-Darlehen. Im Rahmen dieser Festgeldanlagen “parkierte” die Swissair für eine feste Zeitdauer nicht betriebsnotwendige Mittel bei der SAirGroup (E. A.d.b).
Mit ihrer Klage forderte die Swissair von den 14 Organen Schadenersatz gestützt auf Art. 754 OR wegen dem Ausfall ihrer Cash-Pool-Forderungen gegenüber der Poolleaderin. Sodann forderte die Swissair von 5 Organen Schadenersatz wegen Ausfall ihrer Festgeld-Darlehen gegenüber der SAirGroup (E. B). Das Handelsgericht Zürich wies die Klage ab. Insbesondere verneinte es vollständig oder teilweise die Passivlegitimation von insgesamt 10 Organen sowie gegenüber allen 14 Organen die Haftungsvoraussetzungen der Pflichtverletzung, des Schadens und des Kausalzusammenhangs bzw. erachtete diese als nicht hinreichend substanziiert dargetan (E. B.).
Vor Bundesgericht rügte die Swissair unter anderem, dass die Vorinstanz zu Unrecht eine Pflichtverletzung verneint hatte. Sie wirft den Organen insbesondere eine pflichtwidrige Bewirtschaftung der Aktiven der Swissair und damit ein Verstoss gegen mehrere aktienrechtliche Bestimmungen vor, einerseits durch die Einführung und Betrieb des Cash Pools und andererseits durch die Erneuerungen von Festgeld-Darlehen im September 2001 (E. 6.2. und E. 6.5.). Das Bundesgericht wies diese Rüge — wie die allermeisten anderen Rügen — ab und bestätigte, dass die Vorinstanz im vorliegenden, in verschiedener Hinsicht aussergewöhnlichen Fall das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Ergebnis zu Recht verneint hatte. Die Gewährungen der Festgeld- und Cash-Pool-Darlehen, wiewohl für die Swissair ab Januar 2001 mit Nachteilen verbunden und — bei blossem Abstellen auf Drittbedingungen — gegen Kapitalschutzvorschriften verstossend, könne, zumal bei der hier gebotenen Zurückhaltung in der Überprüfung von Geschäftsentscheiden, nicht als pflichtwidrig i.S.v. Art. 754 Abs. 1 OR betrachtet werden, da damit letzlich (und jedenfalls bei damaliger Betrachtung) Gesellschaftsinteressen gewahrt worden seien. Dem Konzerninteresse sei nicht ein entgegengesetztes Gesellschaftsinteresse der Swissair untergeordnet worden. Vielmehr habe eine Krisensituation vorgelegen, was sich auch darin zeige, dass der Bundesrat der SAirGroup zum gleichen Zeitraum und unter denselben Umständen (ungesichert) Bundesgelder in Milliardenhöhe zur Verfügung gestellt hatte (E. 6.5.4.4.).
Zur Begründung wies das Bundesgericht zunächst auf die Erwägungen der Vorinstanz hin, wonach die von der Swissair der Poolleaderin gewährten Cash-Pool-Darlehen sowie die der SAirGroup gewährten Festgeld-Darlehen ab dem 1. Januar 2001 widerrechtlich gewesen seien, da sie gegen das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung (Art. 678 Abs. 2 OR) sowie gegen das Verbot der Einlagerückerstattung (Art. 680 Abs. 2 OR) verstiessen. Allerdings sei, so das Bundesgericht weiter, die Vorinstanz zu Recht nicht bei diesem allgemeinen Schluss stehen geblieben, sondern habe geprüft, ob und inwiefern dieser Umstand den einzelnen Beklagten angelastet werden könne. Dabei müsse die Swissair die Anspruchsvoraussetzungen, wie namentlich die Pflichtverletzung, für jedes beklagte Organ separat prüfen und substanziieren. Diesen Substanziierungspflichten sei die Swissair, entgegen der Ansicht der Vorinstanz, nachgekommen (E. 6.5.4.3.).
Daraufhin erwog das Bundesgericht, dass Entscheide, die gegen aktienrechtliche Kapitalschutzbestimmungen verstossen, durch besondere Umstände gerechtfertigt sein könnten und damit ausnahmsweise kein pflichtwidriges Verhalten darstellen würden. Entsprechend habe die Vorinstanz zu Recht auch die Frage aufgeworfen habe, ob die von den Beklagten gewählte Handlungsoption, dem SAirGroup-Konzern Darlehen zur Verfügung zu stellen, welche dieser im Interesse des Konzerns und mittelbar auch im Interesse der Swissair habe verwenden können, sinnvoller gewesen sei (E. 6.5.4.4.).
Das Bundesgericht wies sodann auf sein Swisscargo-Urteil hin (BGE 140 III 533; der entsprechende Beitrag auf Swissblawg findet sich hier), in welchem es erwogen hatte, es sei fragwürdig, ob die Teilnahme an einem Cash Pool, bei der die Teilnehmerin über ihre Liquidität verfüge, als solche überhaupt einem Drittmannstest standhalte. Sodann wies es auf die in der Lehre geführte Diskussion hin, inwiefern die Konzernzugehörigkeit bei der Beurteilung der Drittbedingungen zu berücksichtigen sei (E. 6.5.4.4.).
Anschliessend erwog das Bundesgericht, dass mit der Feststellung der Vorinstanz, wonach die konzerninternen Darlehen ab dem 1. Januar 2001 nicht mehr Marktbedingungen entsprochen hätten, noch nicht gesagt sei, ob die Teilnahme am Cash Pool bzw. die Gewährung von Festgeld-Darlehen im konkreten Fall einen Verstoss gegen die Pflichten der Gesellschaftsorgane darstellen würden. Denn, so das Bundesgericht, aus dem Umstand, dass ein unbesichertes Darlehen den Drittmannstest nicht bestehe, folge nicht zwingend, dass die Teilnahme am Cash Pool bzw. die Gewährung eines unbesicherten Darlehens an die Konzern-Muttergesellschaft eine Pflichtverletzung darstelle. Die Vorinstanz habe zwar festgestellt, dass die Swissair im massgeblichen Zeitpunkt nicht über frei ausschüttbares Eigenkapital in der erforderlichen Höhe verfügt hätte, allerdings ebenso zu Recht erkannt, dass die dem Konzern zur Verfügung gestellten Darlehen im Interesse des Konzerns und damit mittelbar auch im Interesse der Swissair hätten verwendet werden können. Das Interesse der Swissair am Fortbestand der SAirGroup und der Schwestergesellschaften sei eminent gewesen. Denn die Swissair sei für den Flugbetrieb darauf angewiesen gewesen, dass die Konzerngesellschaften — namentlich die Flightlease AG, welche für den Flottenbetrieb verantwortlich gewesen sei und in welche die Flugzeugflotte eingebracht worden war (E. A.c.) — fortbestanden hätten, ansonsten auch sie ihren Flugbetrieb nicht hätte fortführen können. Die Darlehensgewährung sei in den Dienst dieses prioritären Gesellschaftsinteresses der Swissair gestellt und sei auch unter dem Aspekt der Organverantwortlichkeit in diesem Kontext zu würdigen (E. 6.5.4.4.).
Sodann verwies das Bundesgericht auf die Feststellung der Vorinstanz, wonach die Festgeld- und Cash-Pool-Darlehen betriebliche Investitionen und keine reine Finanzanlagen gewesen wären, die der Konzern mittelbar auch im Interesse der Swissair hätte verwenden können. Diese Darlehen seien somit, so das Bundesgericht, nicht als einzelne Anlagegeschäfte anzusehen und zu bewerten. Vielmehr sei wie bei anderen Geschäftsentscheiden bei der Überprüfung solcher betrieblicher Anlagegeschäfte eine gewisse Zurückhaltung anzulegen. Dabei stimmte das Bundesgericht der Auffassung der Vorinstanz zu, wonach mit Blick auf die Vorteile der Konzernzugehörigkeit nicht einfach isoliert das Gesellschaftsinteresse der betreffenden Gesellschaft, sondern in einem gewissen Grad auch das Konzerninteresse mitberücksichtigt werden müsse. Entsprechend durfte die Vorinstanz bei der Bewertung der Festgeld- und Cash-Pool-Darlehen mitberücksichtigen, dass der Fortbestand der SAirGroup im eminenten (mittelbaren) Interesse der Swissair gelegen habe, welche auf die Konzerngesellschaften angewiesen gewesen sei um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten (E. 6.5.4.4.).