1C_759/2021: Baselstädtische Volksinitiative “Ja zum ECHTEN Wohnschutz” / Bundesrechtswidriges Rückkehrrecht (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 19. Dezem­ber 2022 befasste sich das BGer mit den mit ein­er Volksab­stim­mung angenomme­nen Änderun­gen des Geset­zes des Kan­tons Basel-Stadt über die Wohn­raum­förderung (WRFG; SG 861.500). Eine Pri­vat­per­son erhob gegen § 8a WRFG Beschw­erde in öffentlich-rechtlichen Angele­gen­heit­en an das BGer. § 8a WRFG lautet folgendermassen:

Abs. 1
Sämtliche Umbau‑, Ren­o­va­tions- und Sanierungsvorhaben, die über den ein­fachen ordentlichen Unter­halt hin­aus­ge­hen, unter­liegen in Zeit­en der Woh­nungsnot ein­er Bewil­li­gungspflicht gemäss §§ 8d und 8e. In den Fällen von § 8c genügt eine Meldepflicht. Dies gilt für das ordentliche, vere­in­fachte und generelle Baube­wil­li­gungsver­fahren sowie für das Melde­v­er­fahren und das Kanalisationsbegehren.

Abs. 2
Kein­er Bewil­li­gung gemäss Abs. 1 bedür­fen Umbau, Ren­o­va­tion und Sanierung, die auf­grund ein­er recht­skräfti­gen behördlichen Ver­fü­gung oder im Inter­esse von öffentlichen Baut­en und Anla­gen oder des gemein­nützi­gen Woh­nungs­baus erforder­lich sind.

Abs. 3
Die Bewil­li­gung wird erteilt, wenn in der Folge:
a) den Miet­parteien das Recht zur Rück­kehr in die sanierte oder umge­baute Liegen­schaft zuste­ht und
b) die gemäss §§ 8b bis 8e fest­gelegten Miet­zinse einge­hal­ten werden.

Ein­lei­t­end hält das BGer fol­gen­des fest:

Nach der Recht­sprechung des Bun­des­gerichts dür­fen die Kan­tone nicht direkt in die Verträge zwis­chen Ver­mi­eter und Mieter ein­greifen, weil das Bun­des (ziv­il) recht diese Materie abschliessend regelt. Den Kan­to­nen bleibt es jedoch unbenom­men, ver­hält­nis­mäs­sige Mass­nah­men zur Bekämp­fung der Mietk­nap­pheit zu tre­f­fen, indem sie beispiel­sweise den Umbau und den Abbruch von Wohn­häusern an die Bedin­gung knüpfen, während ein­er bes­timmten Zeit die Höhe der Mieten zu kon­trol­lieren und damit Mieter­höhun­gen zu ver­hin­dern, die dem Ziel der kan­tonalen Regelung wider­sprechen. An der Zuläs­sigkeit der­ar­tiger kan­tonaler Bes­tim­mungen ändert der Umstand nichts, dass die entsprechen­den Mass­nah­men zur Bekämp­fung der Mietk­nap­pheit indi­rekt das Ver­hält­nis zwis­chen Ver­mi­eter und Mieter bee­in­flussen kön­nen, indem sie höhere Mieten für die von den Mass­nah­men betrof­fe­nen Woh­nun­gen ver­hin­dern […]. (Erw. 4.2.2.)

Betr­e­f­fend die Abs. 1, 2 und 3 lit. b) weist das BGer die Beschw­erde ab bzw. tritt nicht auf sie ein. Art. 3 lit. a) von § 8a WRFG hinge­gen hebt das BGer auf. Es schreibt dazu, dass das in § 8a Abs. 3 lit. a) WRFG sta­tu­ierte Rück­kehrrecht direkt in das vom Bun­desrecht abschliessend geregelte Ver­hält­nis zwis­chen Mieter und Ver­mi­eter ein­greife. Im Gegen­satz zu den indi­rekt ein­greifend­en, typ­is­cher­weise sozialpoli­tisch motivierten, öffentlich-rechtlichen Bes­tim­mungen, wie die Bewil­li­gungspflicht für Sanierun­gen oder die Beschränkung von Miet­zin­ser­höhun­gen im Anschluss an eine Sanierung han­dle es sich dabei um eine zivil­rechtliche Bes­tim­mung. Die Zuläs­sigkeit kan­tonaler zivil­rechtlich­er Bes­tim­mungen in diesem Bere­ich würde voraus­set­zen, dass das Bun­deszivil­recht einen entsprechen­den Vor­be­halt mache.  Ein solch­er Vor­be­halt sei nicht vorhan­den, was § 8 Abs. 3 lit. a) WRFG bun­desrechtswidrig mache.