Im Entscheid 2C_97/2023 vom 19. August 2024 behandelte das Bundesgericht die Frage, ob der Verkäufer eines Grundstücks Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangenen Gewinns hat, wenn die Gemeinde vor der Veräusserung falsche Auskünfte erteilt hatte.
A. (Beschwerdeführer) war Eigentümers eines Einfamilienhauses im bündnerischen Samedan. Er entschied sich, das Grundstück zu veräussern, woraufhin ihm 2011 die Gemeinde Samedan eine Bestätigung ausstellte, dass das Einfamilienhaus nicht der Hauptwohnungsverpflichtung unterliege. Dieselbe Bestätigung erging im März 2013 an eine potentielle Käuferin. Nur drei Monate später teilte die Gemeinde dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Grundstück nur Hauptwohnungen zulässig seien: Das Haus wurde 1997 mit der entsprechenden Auflage bewilligt, doch wurde die Anmerkung im Grundbuch (fälschlicherweise) nicht vorgenommen. Der Beschwerdeführer veräusserte die Liegenschaft — nach einem Rechtsstreit um die Gültigkeit der Auflage — 2017 zum Preis von CHF 2’850’000.-.
Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, dass die Gemeinde ihm für die Differenz zwischen dem tatsächlichen Veräusserungspreis und Wert hafte, den die Immobilie ohne die Hauptwohnsitzbeschränkung gehabt hätte (unbestrittenermassen CHF 4’150’000.-). Dies, da die Hauptwohnsitzbeschränkung im Erwerbszeitpunkt nicht im Grundbuch eingetragen war und er davon ausgegangen sei, eine (lukrative) Zweitwohnung zu kaufen.
Das Bundesgericht teilte die Auffassung des Beschwerdeführers nicht. Es bestätigt zwar, dass ein ersatzfähiger Schaden auch bei Fällen der Staatshaftung in einem entgangenen Gewinn (lucrum cessans) bestehen könne (E. 5.5), doch sei dies vorliegend nicht einschlägig: Während der Zeit, in der der Beschwerdeführer Eigentümer des Grundstücks gewesen sei (2005 bis 2017), habe es sich nie um eine frei nutzbare Zweitwohnung gehandelt. Das Grundstück sei immer mit einer Hauptwohnsitzbeschränkung belastet gewesen und habe somit auch nie einen tatsächlichen Verkehrswert von CHF 4’150’000.- gehabt. Der hypothetische Veräusserungsgewinn von CHF 1’300’000.- wäre dem Beschwerdeführer somit auch dann entgangen, wenn er von Anfang an Kenntnis von der Beschränkung gehabt hätte. Aus welchen Gründen die Eintragung der Hauptwohnsitzverpflichtung im Grundbuch (vorerst) unterblieb, sei in diesem Zusammenhang irrelevant (E. 5.6.1).
Dass die Gemeinde vor der Veräusserung zunächst noch bestätigt hatte, dass es sich um eine frei nutzbare Zweitwohnung handle, stehe dem Gesagten nicht entgegen: Eine Haftung nach Treu und Glaube schloss das Bundesgericht mit der Begründung aus, dass die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes nicht gegeben seien. Der Vertrauensschaden ersetzte lediglich das negative Interesse, nicht aber (nur) entgangenen Gewinn (E. 6.2.2. und 6.2.3). Der Beschwerdeführer habe somit, im Ergebnis, keine Ansprüche gegen die Gemeinde Samedan.
Urteil zum Nachlesen: 2C_97/2023