Im Zuge der von OECD und G20 erarbeiteten Aktionen zur Verhinderung steuerlicher Gewinnverkürzung und –Verlagerung (Base Erosion and Profit Shifting; “BEPS”) hat der Bundesrat noch vor Jahresfrist die Vernehmlassung zum BEPS-Übereinkommen eröffnet. Dieses betrifft jene BEPS-Massnahmen, welche (gemäss OECD- / BEPS-Schlussberichten vom Oktober 2015) am effizientesten mittels Anpassungen bestehender Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) umzusetzen sind.
Das BEPS-Übereinkommen (Multilaterales Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Massnahmen zur Gewinnverhinderung und Gewinnverlagerung; BEPS‑Ü) wurde von der Schweiz bereits am 7. Juni 2017 zusammen mit rund 70 Staaten und Territorien unterzeichnet (s. Swissblawg, 8.6.2017). Es bildet die Grundlage für die Änderung bestehender DBA.
Inhaltlich geht es vorliegend um folgende BEPS-Massnahmen: BEPS- Aktion Nr. 2: Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen (Art. 3–5 BEPS‑Ü); Aktion Nr. 6: Verhinderung Abkommensmissbrauch (Präambel; Art. 6–11 BEPS‑Ü); Aktion Nr. 7: Verhinderung der künstlichen Umgehung des Betriebsstättenstatus (Art. 12–15 BEPS‑Ü); Aktion Nr. 14: Verbesserung der Streitbeilegungsmechanismen (Art. 16–17). Darüber hinaus wurden erstmals auch Standards für Schiedsverfahren definiert (s. Art. 18–26 BEPS‑Ü). Zu den materiellen Vorbehalten der Schweiz: s. Ziff. 1.4 f. des erläuternden Berichts und die Liste der Schweizer Vorbehalte, hinterlegt am 7. Juni 2017.
Zwei Anpassungsmechanismen
Die im BEPS-Abkommen enthaltenen Änderungen gelten zwischen zwei DBA-Staaten, sofern jeweils beide eine entsprechende Notifikation bei der OECD (Depositar) hinterlegt haben (Art. 2; 39 Abs. 1 BEPS‑Ü). Bzgl. Inkrafttreten: s.unten.
Zwecks Vermeidung von Missverständnissen wird die Schweiz mit den jeweiligen Partnerstaaten den genauen Wortlaut der DBA-Änderungen bilateral schriftlich festhalten. Aus rechtlicher Sicht stellen diese bilateral abgestimmten Feststellungen der textlichen Auswirkungen (des BEPS-Übereinkommens auf das betreffende DBA) kein Änderungsprotokoll dar. Sie basieren auf dem BEPS-Übereinkommen und haben deshalb keine eigenständige rechtliche Wirkung (s. Ziff. 1.2 Erläuternder Bericht zum BEPS-Abkommen). Sie sollen deshalb durch das EFD in eigener Kompetenz abgeschlossen werden können.
Daneben steht es den Unterzeichnerstaaten jedoch weiterhin frei, die betreffenden BEPS-Änderungen auch bilateral mittels DBA-Anpassungen (Ergänzungsprotokollen) individuell nachzuverhandeln.
Die vorliegende Vernehmlassung enthält beide Varianten: Den Bundesbeschluss über die Genehmigung des BEPS-Abkommens sowie einen Bundesbeschluss betreffend Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des DBA zwischen der Schweiz und GB. Das entsprechende Änderungsprotokoll zum DBA-GB war bereits am 30. November 2017 unterzeichnet worden.
Die Umsetzung der Mindeststandards wird von der OECD mittels sog. Peer Reviews periodisch überprüft werden. Das OECD-Musterabkommen wird (wurde) ebenfalls entsprechend angepasst. Seit September 2015 hat die Schweiz bereits 5 Abkommen unterzeichnet, deren explizite Missbrauchsklausel Artikel 7 des BEPS-Übereinkommens entsprechen.
Sachl. Anwendungsbereich / Betroffene DBA / Inkraftreten
Das BEPS‑Ü gilt dem Grundsatz nach für jede Übereinkunft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (unabhängig davon, ob sie auch für andere Steuern gilt; Art. 2 Abs. 1 lit. a BEPS‑Ü). Bilaterale Abkommen betreffend die Besteuerung von Unternehmungen der Schiff-und Luftfahrt oder Sozialversicherungsabkommen fallen nicht in den Geltungsbereich des BEPS-Übereinkommens.
Anlässlich der Unterzeichnung des BEPS-Übereinkommens hat die Schweiz die DBA mit Argentinien, Chile, Indien, Island, Italien, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, Südafrika, Tschechien und der Türkei dem Depositar notifiziert. Da diese Staaten bereits allesamt eine analoge Notifikation deponiert haben, gelten diese DBA als unter das BEPS-Übereinkommen fallende Steuerabkommen. Weitere Staaten werden folgen.
Zur Frage, ab welchem Zeitpunkt die Neuerungen gemäss BEPS-Übereinkommen auf die vorgenannten DBA (im Falle einer Annahme) konkret anwendbar sind: siehe Art. 35 BEPS-Übereinkommen.
Die Vernehmlassung dauert bis 9. April 2018. Sowohl das BEPS-Übereinkommen als auch das Änderungsprotokoll zum DBA-GB müssen von der Bundesversammlung genehmigt werden. Beide unterstehen dem fakultativen Referendum.
Quellen:
- Medienmitteilung vom 20.12.2017;
- BEPS-Übereinkommen: CH Übersetzung; (Link zur OECD-Version)
- Änderungsprotokoll zum DBA-GB;
- Entwurf des Bundesbeschlusses über das BEPS-Übereinkommen;
- Entwurf des Bundesbeschlusses über das Änderungsprotokoll zum DBA-GB;
- Erläuternder Bericht;
- Liste der Schweizer Vorbehalte und Notifikationen hinterlegt am 7. Juni 2017.