2C_196/2017: subjektiver Geltungsbereich des öffentlichen Beschaffungsrechts; Begriff “Einrichtung des öffentlichen Rechts” (amtl. Publ.)

Die GZO AG ist eine Aktienge­sellschaft nach Art. 620 ff. OR mit Sitz in Wet­zikon, die durch die Umwand­lung des Zweck­ver­bands Gesund­heitsver­sorgung Zürcher Ober­land ent­stand und deren Aktien voll­ständig von den ehe­ma­li­gen Zweck­ver­bands­ge­mein­den gehal­ten wer­den. Der haupt­säch­liche Zweck der GZO AG beste­ht in der Sich­er­stel­lung des akut­sta­tionären Leis­tungsauf­trags des Kan­tons Zürich im Zürcher Ober­land. Sie führt die erforder­lichen Akut­spi­ta­l­abteilun­gen sowie den Ret­tungs- und Kranken­trans­port­di­enst. In diesem Rah­men betreibt die GZO AG das Spi­tal Wet­zikon. Der Regierungsrat des Kan­tons Zürich verpflichtete die GZO AG, ihre Aufträge öffentlich auszuschreiben, sofern die ein­schlägi­gen Schwellen­werte gemäss IVöB über­schrit­ten wer­den. Auf Beschw­erde der GZO AG hin stützte das Ver­wal­tungs­gericht Zürich in diesem Punkt den Beschluss des Regierungsrats.

Vor Bun­des­gericht stellte sich die Frage, ob die GZO AG als Spi­tal in der Rechts­form ein­er Aktienge­sellschaft, das einen Leis­tungsauf­trag des Kan­tons Zürich im akut­sta­tionären Bere­ich erfüllt und dessen Aktionar­i­at sich aus ver­schiede­nen Gemein­den zusam­menset­zt, dem öffentlichen Beschaf­fungsrecht unter­ste­ht. Strit­tig war, ob die GZO AG als Ein­rich­tung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. a der IVöB gilt.

Das Bun­des­gericht erin­nerte zunächst daran, dass die IVöB den Begriff “Ein­rich­tung des öffentlichen Rechts” nicht näher definiert. Mit Blick auf Art. 5bis Abs. 2 IVöB erfolge die Ausle­gung von Art. 8 Abs. 1 lit. a IVöB gestützt auf das Staatsver­tragsrecht, namentlich das GPA sowie das BAöB (E. 4.1). Dabei prüfte das Bun­des­gericht, ob die GZO AG fol­gende Kri­te­rien erfüllt, gestützt auf welche im GPA von ein­er Ein­rich­tung des öffentlichen Rechts aus­ge­gan­gen wird:

  • Grün­dung zu einem beson­deren Zweck, der im All­ge­mein­in­ter­esse liegt sowie fehlen­der indus­trieller oder gewerblich­er Charak­ter der Tätigkeit (“créé pour sat­is­faire spé­ci­fique­ment des besoins d’in­térêt général ayant un car­ac­tère autre qu’in­dus­triel ou com­mer­cial”);
  • rechtliche Selb­ständigkeit (“doté d’une per­son­nal­ité juridique”);
  • Staats­ge­bun­den­heit (“soit l’ac­tiv­ité est financée majori­taire­ment par l’E­tat, les col­lec­tiv­ités ter­ri­to­ri­ales ou d’autres organ­ismes de droit pub­lic, soit la ges­tion est soumise à un con­trôle par ces derniers, soit l’or­gane d’ad­min­is­tra­tion, de direc­tion ou de sur­veil­lance est com­posé de mem­bres dont plus de la moitié est désignée par l’E­tat, les col­lec­tiv­ités ter­ri­to­ri­ales ou d’autres organ­ismes de droit pub­lic”).

Die Voraus­set­zun­gen gemäss zweit­em und drit­tem Lem­ma sowie das erste und zweite Tatbe­stand­se­le­ment gemäss erstem Lem­ma bejahte das Bun­des­gericht ohne Weit­eres (E. 4.3 & E. 4.4.1 und 4.4.2).

Näher prüfte das Bun­des­gericht, ob die Tätigkeit der GZO AG einen indus­triellen oder gewerblichen Charak­ter aufweist. Eine gewerbliche Tätigkeit meine — so das Bun­des­gericht — ins­beson­dere eine Tätigkeit “wie ein pri­vates Wirtschaftssub­jekt”, was eine Konkur­ren­zsi­t­u­a­tion zu Pri­vat­en auf funk­tion­ieren­den Märk­ten voraus­set­ze. Es kam nach detail­lierten Erwä­gun­gen zum Schluss, dass die GZO AG keine gewerbliche Tätigkeit im beschaf­fungsrechtlichen Sinne wahrn­immt und sie als Ein­rich­tung des öffentlichen Rechts im Sinne des GPA gilt. Fol­gende Erwä­gun­gen führten das Bun­des­gericht zu diesem Ergebnis:

  • Das Spi­talpla­nungs- und ‑lis­ten­ver­fahren ver­möge die Vor­nahme wirtschaftlich­er Beschaf­fun­gen durch die GZO AG nicht sicherzustellen (E. 4.5.1);
  • Auf­grund ihrer Stel­lung als Lis­ten­spi­tal ver­füge die GZO AG im Ver­hält­nis zu Spitälern, die ausser­halb kan­tonaler Spi­tallis­ten tätig wer­den, über finanzielle Vorteile, welche die Vor­nahme wirtschaftlich­er Beschaf­fun­gen nicht durch­wegs gewährleis­ten wür­den (E. 4.5.2).
  • Die von der GZO AG behauptete Konkur­renz mit Anbi­etern ambu­lanter Gesund­heits­di­en­stleis­tun­gen betr­e­ffe nur einen Teil ihres Leis­tungsspek­trums, sodass von vorn­here­in nicht gewährleis­tet sei, dass die GZO AG in allen Teilen ihrer Tätigkeit funk­tion­ieren­dem Wet­tbe­werb aus­ge­set­zt sei (E. 4.5.2.3).
  • Die Preis­bil­dung für akut­sta­tionäre Leis­tun­gen erfolge im oblig­a­torischen Bere­ich der Kranken­ver­sicherung nach geset­zlich fest­gelegten Kri­te­rien. Diese seien zwar darauf gerichtet, nur wirtschaftlich erbrachte Leis­tun­gen zu entschädi­gen; eine regel­rechte Wet­tbe­werb­ssi­t­u­a­tion wür­den sie aber nicht her­vorzu­rufen ver­mö­gen (E. 4.5.3).
  • Das­selbe gelte mit Blick auf die Leis­tungsqual­ität, die sich im Bere­ich der oblig­a­torischen Kranken­ver­sicherung in einem geset­zlich definierten Kor­ri­dor bewege (E. 4.5.4).
  • Nach Mass­gabe dieser Gesicht­spunk­te erweise sich der Umstand, dass die GZO AG bei schlechtem Geschäfts­gang in Konkurs fall­en kön­nte, von unter­ge­ord­neter Bedeu­tung, zumal ihre Aktionäre zwar keine Nach­schusspflicht tre­ffe, eine Unter­stützung aus öffentlichen Mit­teln im Bedarfs­fall angesichts der konkreten Ver­hält­nisse aber keineswegs aus­geschlossen sei (E. 4.5.5).

Die Beschw­erde der GZO AG wurde somit abgewiesen und die Anwend­barkeit des öffentlichen Beschaf­fungsrechts bestätigt.