Stellungnahme des Presserats Nr. 43/2010: Veröffentlichung von im Internet zugänglich gemachten Informationen

Der Presser­at hat­te zur Frage Stel­lung zu nehmen, ob Medi­en eine Infor­ma­tion (z.B. ein Bild) weit­er­ver­bre­it­en dür­fen, sobald diese öffentlich zugänglich gemacht wurde. Nach Anhörung u.a. des Anwalt Manuel Bianchi del­la Por­ta entsch­ied der Presser­at, dass das öffentliche Inter­esse gegenüber dem Anspruch auf Schutz der Pri­vat­sphäre abzuwä­gen ist und eine der Voraus­set­zun­gen iden­ti­fizieren­der Berichter­stat­tung vor­liegen muss.

Dabei gilt die “Erk­lärung der Pflicht­en und Rechte der Jour­nal­istin­nen und Jour­nal­is­ten” auch hier: Eine iden­ti­fizierende Berichter­stat­tung sei zuläs­sig im Fall eines öffentlichen Auftritts oder der Ein­willi­gung der betrof­fe­nen Per­son, wenn die Per­son all­ge­mein bekan­nt ist und die Infor­ma­tion damit im Zusam­men­hang ste­ht, wenn sie ein poli­tis­ches Amt ausübt oder eine staatlich oder gesellschaftlich lei­t­en­den Funk­tion ein­nimmt; wenn andern­falls Ver­wech­slungs­ge­fahr bestünde oder auf­grund eines anderen über­wiegen­den öffentlichen Interesses.

Zusam­men­fassend hält der Presser­at Fol­gen­des fest: 

1. Infor­ma­tio­nen und Doku­mente, die für jed­er­mann zugänglich veröf­fentlicht wer­den, sei es in sozialen Net­zw­erken wie Face­book, auf per­sön­lichen Web­sites oder Blogs usw., sind der öffentlichen Sphäre zuzurech­nen. Je nach Inhalt ein­er Infor­ma­tion kann diese aber trotz­dem ihren pri­vat­en Charak­ter behal­ten. Deshalb darf sie von anderen Medi­en nicht ohne Weit­eres weit­er­ver­bre­it­et werden. 
2. Im Einzelfall sind Jour­nal­is­ten verpflichtet, die zur Diskus­sion ste­hen­den Inter­essen (Recht der Öffentlichkeit auf Infor­ma­tion; Schutz des Pri­vatlebens) sorgfältig abzuwä­gen und sich zu vergewis­sern, ob eine der Voraus­set­zun­gen der iden­ti­fizieren­den Berichter­stat­tung (Ein­willi­gung der betrof­fe­nen Per­son, Ausübung ein­er lei­t­en­den Funk­tion usw.) erfüllt ist. 
3. Bei dieser Inter­essen­ab­wä­gung ist entschei­dend, in welchem Kon­text eine Infor­ma­tion ins Netz gestellt wird. Mit Kon­text ist gemeint: Natur der Web­site (Face­book, per­sön­lich­er Blog, Forum, insti­tu­tionelle Web­site usw.), Iden­tität des Autors (Unbekan­nter, öffentliche Per­son, Jour­nal­ist usw.) und soweit ersichtlich die Inten­tion der Pub­lika­tion (gross­es Pub­likum oder beschränk­ter Adres­satenkreis). Allein aus der Tat­sache, dass eine Infor­ma­tion oder ein Bild im Inter­net gefun­den wird, ist nicht abzuleit­en, dass der Urhe­ber in die Weit­er­ver­bre­itung durch ein anderes Medi­um einwilligt.”