Der EuGH legt (auf Vorlage einer belgischen Gerichts) die Marktmissbrauchsrichtlinie so aus, dass eine verbotene Nutzung von Insider-Informationen auch ohne gesonderte Feststellung eines entsprechenden Tatvorsatzes anzunehmen ist. Aus der Berichterstattung der NJW:
“Der EuGH weist darauf hin, dass die Richtlinie 2003/6 die Insider-Geschäfte in objektiver Weise definiert – ohne dass in deren Definition der sie tragende Vorsatz ausdrücklich einbezogen worden wäre –, um durch diese Definition eine wirksame und einheitliche Regelung zur Ahndung von Insider-Geschäften mit dem legitimen Ziel des Schutzes der Integrität der Finanzmärkte zu schaffen.
Es steht nicht im Widerspruch zum Grundsatz der Unschuldsvermutung, dass sich der Vorsatz desjenigen, der ein Insider-Geschäft tätigt, implizit aus den objektiven Tatbestandsmerkmalen dieses Verstoßes ergibt. Folglich impliziert die Tatsache, dass ein primärer Insider, der eine Insider-Information besitzt, auf dem Markt ein Geschäft mit Finanzinstrumenten tätigt, auf die sich diese Information bezieht, vorbehaltlich der Wahrung der Verteidigungsrechte und insbesondere des Rechts, diese Vermutung widerlegen zu können, die „Nutzung derselben“ durch diese Person im Sinne der Richtlinie 2003/6.
Um jedoch das Verbot von Insider-Geschäften nicht über das hinaus auszuweiten, was angemessen und erforderlich ist, ist von der Zielsetzung der Richtlinie 2003/6 auszugehen, die darin besteht, die Integrität der Finanzmärkte zu schützen und das Vertrauen der Investoren zu stärken, das insbesondere auf der Gewissheit beruht, dass sie einander gleichgestellt und gegen die unrechtmäßige Verwendung einer Insider-Information geschützt sind. Das Verbot von Insider-Geschäften ist dann anwendbar, wenn ein primärer Insider, der eine Insider-Information besitzt, von dem Vorteil, den ihm diese Information verschafft, bei der Vornahme eines mit dieser Information zusammenstimmenden Geschäfts auf dem Markt ungerechtfertigt Gebrauch macht.”