Der Entscheid 2C_89/201 und 2C_106/2010 erging im Zusammenhang mit einer Untersuchung der damaligen EBK (heute: FINMA) gegen den inzwischen verstorbenen Basler Financier Ambros Baumann bzw. dessen Gruppe (sog. Baumann-Gruppe). Diesem wurde vorgeworfen, ein Schneeball-System betrieben zu haben.
Im August 2008 stellte die EBK fest, dass Ambros Baumann und verschiedene seiner Einzelfirmen gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegengenommen und damit gegen das Bankengesetz verstossen hatten. Die EBK verfügte daraufhin den bankenrechtlichen Konkurs.
Der vorliegende Entscheid beleuchtet spezifisch die Funktion und rechtliche Stellung eines (von mehreren) Vermittlern, der von Ambros Baumann eingesetzt worden war, um Anleger anzuwerben.
Zunächst stellte sich die Frage, ob der Vermittler als Teil der Baumann-Gruppe anzusehen ist: In Erwägung 3.2 bestätigte das Bundesgericht seine Rechtsprechung (vgl. BGE 136 II 43 E. 4.3.1), wonach eine bankengesetzlich unzulässige Entgegennahme von Publikumseinlagen auch bei einem arbeitsteiligen Vorgehen im Rahmen einer Gruppe vorliegen kann. Dies wurde vorliegend bejaht.
Weiter bejahte das Bundesgericht die Rechtmässigkeit des dem Vermittler auferlegten Verbots der Entgegennahme von Publikumseinlagen und der Werbung für solche:
“3.4 Nach [Anm.: dem seinerzeitigen] Art. 23ter Abs. 1 BankG erlässt die Aufsichtsbehörde die zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustands und zur Beseitigung der Missstände notwendigen Verfügungen. Der Beschwerdeführer war massgebend als Teil einer Gruppe tätig, die einer bewilligungspflichtigen Aktivität nachging. Mit dem ausdrücklichen Verbot, zukünftig ohne Bewilligung gewerbsmässig Kundengelder entgegenzunehmen, wird ihm lediglich in Erinnerung gerufen, was bereits von Gesetzes wegen gilt. Es handelt sich dabei um eine Warnung bzw. Ermahnung als “Reflexwirkung” der unangefochten gebliebenen aufsichtsrechtlichen Massnahmen, die zur Konkurseröffnung über die verschiedenen Gesellschaften um Ambros Baumann geführt haben (vgl. das Urteil 2A.721/2006 vom 19. März 2007 E. 2.2, in: EBK-Bulletin 50/2007 S. 148 ff.). Die Aufsichtsbehörde kann bei Widersetzlichkeit gegen vollstreckbare Verfügungen deren Inhalt im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlichen oder in anderer Form bekanntmachen, wenn sie dies — wie hier — zuvor angedroht hat (vgl. Art. 23ter Abs. 3 BankG; vgl. POLEDNA/MARAZZOTTA, in: Watter et al. [Hrsg.], BSK Bankengesetz, 2005, N. 13 — 15 zu Art. 23ter BankG). Art. 34 FINMAG sieht heute generell vor, dass die FINMA ihre Endverfügung nach Eintritt der Rechtskraft unter Angabe von Personendaten in elektronischer oder in gedruckter Form veröffentlichen kann, wenn eine schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen vorliegt und Publikation in der Verfügung selber angeordnet wird. Eine Veröffentlichung ist vorliegend nur vorgesehen, wenn der Beschwerdeführer in Verletzung des Gesetzes wiederum einer bewilligungspflichtigen Tätigkeit nachgehen sollte, was er nicht plant, weshalb die Androhung ihn kaum nachhaltig berührt (vgl. BGE 135 II 356 E. 5). Sollte er künftig als Gewährsträger eine Funktion in einem überwachten Institut wahrnehmen wollen, müsste die Frage, ob er im finanzmarktrechtlichen Sinn hinreichende “Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit” bietet, in Bezug auf die konkreten Aufgaben und Funktionen so oder anders neu geprüft werden (Urteile 2C_324/2009 vom 9. November 2009 E. 3.3; 2A.573/2003 vom 30. Juli 2004 E. 2.4, in: EBK-Bulletin 46/2004 S. 154 ff.; 2A.261/2004 vom 27. Mai 2004 E. 2.2, in: EBK-Bulletin 46/2004 S. 31 ff.).”
In Erwägung 4 hatte sich das Bundesgericht zu den Voraussetzungen für die Einsetzung eines Untersuchungsbeauftragten im Sinne des ehemaligen Art. 23quater Abs. 1 BankG (heute: Art. 36 FINMAG) zu äussern, ebenso zur Frage der Kostenregelung.
In Erwägung 5 schliesslich setzte sich das Bundesgericht mit der Frage auseinander, ob der Vermittler gegen das Kollektivanlagengesetz (KAG) verstiess, indem er öffentlich für Anteile eines Funds geworben habe. Das Bundesgericht verweist zunächst auf den Wortlaut von Art. 3 KAG und Art. 3 KKV sowie auf die Definition der öffentlichen Werbung durch die FINMA in ihrem Rundschreiben 2008/8. Diese Definition ist gemäss Bundesgericht zu streng:
“5.3.1 Diese Auslegung [der FINMA, Anm.] erweist sich als zu streng und ist — wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat — durch Art. 3 KAG nicht gedeckt: Die Verwendung des Begriffs der “öffentlichen Werbung” ist im Zusammenhang mit dem Schutzzweck des Gesetzes zu verstehen. Das KAG stuft den Anlegerschutz je nach Schutzbedürftigkeit der Investoren ab. Es sieht dementsprechend vor, dass jede Werbung als nicht öffentlich gilt, die sich ausschliesslich an qualifizierte Anleger richtet (Art. 3 Satz 3 KAG). Deren reduziertes Schutzbedürfnis rechtfertigt eine weniger weitgehende finanzmarktrechtliche Kontrolle als jenes der Publikumsanleger (teleologisches Element). Würde der Auslegung der FINMA gefolgt, machte Art. 3 Satz 1 KAG, wonach als öffentliche Werbung jede Werbung gilt, “die sich an das Publikum richtet”, keinen Sinn mehr. Der Gesetzgeber hätte sich in diesem Fall damit begnügen können, festzuhalten, dass jegliche Werbung, die sich nicht an qualifizierte Anleger wendet, zu einer Unterstellung unter das KAG führt, soweit dieses hierfür eine “öffentliche” Werbung voraussetzt. Der erste Satz von Art. 3 KAG stellt die Grunddefinition dar; die zwei anschliessenden Sätze sehen gesetzliche Ausnahmen zu dieser vor: Satz 2 bezüglich des Begriffs der Werbung, Satz 3 hinsichtlich jenem der Öffentlichkeit (grammatikalisches und systematisches Auslegungselement).”
Nichts anderes ergibt sich gemäss Bundesgericht aus der Entstehungsgeschichte von Art. 3 KAG, auf welche das Bundesgericht in Erwägung 5.3.2. verweist.
In casu wurde ein Verstoss des Vermittlers gegen das KAG verneint.
Vgl. auch die Entscheide in derselben Sache 2C_90/2010 sowie 2C_91/2010 und 2C_92/2010.