2C_300/2014: Abweisung diverser Feststellungsbegehren von Mieterinnen im Einkaufszentrum Panorama Center Thun (amtl. Publ.)

Im Urteil 2C_300/2014 beschäftigte sich das BGer mit diversen Rechts­fra­gen im Zusam­men­hang mit einem Are­al­netz. Die Liegen­schaften-Betrieb AG (LiB-AG) ist Eigen­tümerin und Betreiberin eines Einkauf­szen­trums in der Gemeinde Thun und ver­mi­etet Laden­flächen an die Genossen­schaft Migros Aare, die Tal­ly Wei­jl Trad­ing AG, die Chicorée Mode AG, die Foody’s AG, die Dosen­bach-Ochsner AG, die Inte­rio AG und die H&M Hennes & Mau­ritz SA. Das Einkauf­szen­trum wird durch eine 16 kV-Mit­telspan­nungsleitung erschlossen, welche von der Energie Thun AG erstellt wurde. Die LiB-AG wiederum hat im Einkauf­szen­trum ein Are­al­netz (Elek­triz­ität­sleitun­gen klein­er räum­lich­er Aus­dehnung zur Fein­verteilung) errichtet. Mit Eingabe vom 29. März 2011 stell­ten die LiB-AG und die Mieterin­nen bei der Eid­genös­sis­chen Elek­triz­ität­skom­mis­sion (ElCom) diverse Fest­stel­lungs­begehren bezüglich des Are­al­net­zes. Die Energie Thun AG machte Gegenanträge gel­tend. Die Ver­fü­gung der ElCom focht­en die LiB-AG und die Mieterin­nen beim Bun­desver­wal­tungs­gericht und anschliessend beim BGer an, welch­es die Beschw­erde abweist.

Das BGer hat­te sich zu fol­gen­den Fest­stel­lungs-Fra­gen zu äussern:

  • (1) Kommt die Stromver­sorgungs­ge­set­zge­bung auf die Mieterin­nen zur Anwen­dung oder nicht?
  • (2) Haben die Mieterin­nen oder die LiB-AG der Energie Thun AG das Net­znutzungsent­gelt für die dem Are­al­netz vorge­lagerten Net­zebe­nen zu bezahlen?
  • (3) Ist die LiB-AG berechtigt, den Energie­ver­brauch im Are­al zu bün­deln und auf dem freien Markt zu beschaffen? 
  • (4) Erfol­gt die Grund­ver­sorgung der Mieterin­nen durch die Energie Thun AG bis zur Ein­gangsklemme des Trans­for­ma­tors im Einkauf­szen­trum oder bis zum Ausspeisepunkt der Mieterin­nen? Ist die LiB-AG verpflichtet, diese Durch­leitung durch ihr Are­al­netz zu dulden? 

Das BGer beant­wortete die Fest­stel­lungs-Fra­gen wie folgt:

(1) Die Stromver­sorgungs­ge­set­zge­bung ist auf die Mieterin­nen anwend­bar, denn sie machen sel­ber gel­tend, dass der Verteil­net­z­be­treiber gestützt auf Art. 6 StromVG (Stromver­sorgungs­ge­setz, SR 734.7) verpflichtet sei, den von ihnen benötigten Strom zu liefern. 

(2) Die Energie Thun AG hat Anspruch auf das Net­znutzungsent­gelt für die Energie, die sie an das Are­al liefert (Art. 14 StromVG). Ob sie dieses Ent­gelt von der LiB-AG für das ganze Are­al erhält oder direkt von den Mieterin­nen, ist im Lichte des StromVG uner­he­blich, denn die Frage kann ver­traglich geregelt werden.

(3) Man­gels eines rechtlichen Liefer­monopols der Energie Thun AG ist es nicht aus­geschlossen, dass die LiB-AG auf dem freien Markt Energie kauft und diese den Mieterin­nen weit­er­verkauft. End­ver­brauch­er, die an Are­al­net­ze angeschlossen sind, haben Anspruch auf Net­z­zu­gang, sofern “sie” einen entsprechen­den Jahresver­brauch von min­destens 100 MWh aufweisen, wobei sich das “sie” nur auf die einzel­nen End­ver­brauch­er bezieht. Die Mieterin­nen sind je einzeln als End­ver­brauch­er zu betra­cht­en. Im Hin­blick auf den geset­zlichen Net­z­zu­gang (Art. 13 StromVG) kann der Ver­brauch deshalb nicht gebün­delt werden.

(4) Einen Anspruch aus dem StromVG auf Grund­ver­sorgungsen­ergie haben die Mieterin­nen nur gegenüber der Energie Thun AG. Die LiB-AG ver­fügt ihrer­seits über keinen geset­zlichen Anspruch, um von der Energie Thun  AG mit Strom beliefert zu wer­den, damit sie diesen an die Mieterin­nen weit­er verkaufen kann. Dies bedeutet, dass die Energie Thun AG berechtigt ist, die Grund­ver­sorgungsen­ergie bis zum Ausspeisepunkt der Mieterin­nen zu liefern. Die Frage, wie vorzuge­hen wäre, wenn die Mieterin­nen im Are­al­netz Grund­ver­sorgungsen­ergie von der Energie Thun AG beziehen möcht­en, ihnen die LiB-AG aber kein Durch­leitungsrecht gewähren will, ist hypo­thetisch und kann offen bleiben.