1C_296/2015: Öffentlichkeitsprinzip und Liste der Anzahl Amtshilfegesuche im Steuerbereich (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 18. Mai 2016 liess sich das BGer zum Zugang zu den vom Öffentlichkeit­sprinzip erfassten Doku­menten vernehmen. Im Jahr 2012 ersuchte Bun­de­shausredak­tor A. die Eid­genös­sis­che Steuerver­wal­tung (ESTV) um Ein­sicht in die Liste der Anzahl von Amt­shil­fege­suchen im Steuer­bere­ich, aufgeschlüs­selt nach den gesuch­stel­len­den Staat­en. Die ESTV lehnte das Gesuch ab und teilte A. per E‑Mail lediglich die Anzahl Amt­shil­fege­suche in den Jahren 2011 bis 2013 mit und nan­nte die vier Län­der, welche in diesen Jahren die Gesuchran­gliste anführten. A. zog die Ver­fü­gung der ESTV bis vor BGer, welch­es die Beschw­erde abweist. 

Umstrit­ten ist die Trag­weite von Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ (Öffentlichkeits­ge­setz; SR 152.3). Die Bes­tim­mung sta­tu­iert eine Aus­nahme vom Öffentlichkeit­sprinzip, wenn durch die Gewährung des Zugangs zu amtlichen Doku­menten die aussen­poli­tis­chen Inter­essen oder die inter­na­tionalen Beziehun­gen der Schweiz beein­trächtigt wer­den kön­nen. Das BGer hält fest, dass es in der Natur von Entschei­den poli­tis­chen und aussen­poli­tis­chen Gehalts liege, dass sie der jus­tiziellen Kon­trolle nur bed­ingt zugänglich sind, da sie ger­ade nicht allein auf rechtlichen, son­dern zu einem grossen Teil auf poli­tis­chen Kri­te­rien beruht­en. Im vor­liegen­den Fall gehe es um einen Entscheid mit gemis­chtem Charak­ter, da eine Rechts­frage vor­liege, die über eine nicht unbe­deu­tende aussen­poli­tis­che Kom­po­nente ver­füge. Sodann macht das BGer die fol­gen­den Ausführungen:

Zwar haben einzelne Staat­en wie Frankre­ich und die Nieder­lande, wie der Beschw­erde­führer gel­tend macht, die Anzahl ihrer an andere Län­der gerichteten Gesuche auch schon selb­st veröf­fentlicht; überdies haben die Bun­des­be­hör­den in jew­eils spez­i­fis­chem Kon­text vere­inzelt entsprechende Angaben, etwa im Ver­hält­nis zu Deutsch­land oder Indi­en, gemacht. Das bedeutet aber nicht, dass die Offen­le­gung ein­er umfassenden Sta­tis­tik aller Gesuch­szahlen die Beziehun­gen und die Ver­hand­lungspo­si­tion der Schweiz im Ver­hält­nis zu anderen Staat­en nicht belas­ten würde. Bei der Frage, wann es allen­falls sin­nvoll oder ange­bracht ist, einzelne Zahlen zu pub­lizieren, han­delt es sich um eine Frage der poli­tis­chen Oppor­tu­nität, deren Beant­wor­tung in erster Lin­ie den Exeku­tivbe­hör­den vor­be­hal­ten bleiben muss (E. 4.4.1.).

Zudem sei gemäss BGer die aussen­poli­tisch anges­pan­nte Sit­u­a­tion im Bere­ich der Steuer­amt­shil­fe mitzu­berück­sichti­gen. Wieweit in einem solchen Umfeld die Pub­lika­tion von entsprechen­den als heikel zu wer­tenden Infor­ma­tio­nen ver­ant­wort­bar ist, ver­lange eine vor­wiegend poli­tis­che Beurteilung. Dem Bun­de­shausredak­tor A. bleibe es aber unbenom­men, die Staat­en, an deren Zahlen er inter­essiert ist, selb­st anzufragen.