1C_88/2017: Modus für die Wahl des Amtsgerichtspräsidenten im Kanton Solothurn wird vom BGer bestätigt (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 30. März 2017 ging es um die Wahl des Amts­gericht­spräsi­den­ten der Amtei Bucheg­g­berg-Wasser­amt im Kan­ton Solothurn. Claude Wyssmann reichte einen Wahlvorschlag für sich selb­st ein. Indessen wurde ihm vom Vorste­her des Ober­amts Region Solothurn beschieden, dass einzig die bei­den bish­eri­gen Stel­len­in­hab­er teil­nah­me­berechtigt seien und seine Kan­di­datur für den ersten Wahl­gang nicht berück­sichtigt werde. Die Beschw­erde von Claude Wyssmann wird vom BGer abgewiesen.

Der Vorste­her des Ober­amts Region Solothurn und das Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Solothurn stützten ihren Entscheid auf § 45 des Geset­zes über die poli­tis­chen Rechte (GpR SO; BGS 113.111), dessen Art. 1 fol­gen­der­massen lautet:

Liegt für Stellen mit beson­deren Wählbarkeitsvo­raus­set­zun­gen keine Demis­sion vor, unterbleiben die Auss­chrei­bung und das Anmelde­v­er­fahren für den ersten Wahl­gang. Teil­nah­me­berechtigt ist einzig der bish­erige Stel­len­in­hab­er oder die bish­erige Stelleninhaberin.

Der Beschw­erde­führer bringt unter anderem vor, dass § 45 GpR SO nicht mit Art. 34 BV zu vere­in­baren sei. Die Kan­di­dat­en kön­nten nicht mit gle­ichen Chan­cen an der Wahl teil­nehmen und die Wäh­ler hät­ten keine echte Auswahl. Das BGer sagt dazu das Folgende:

Wieder­wahlver­fahren für Richter­stellen ste­hen in einem Span­nungsver­hält­nis von demokratis­ch­er Legit­i­ma­tion und richter­lich­er Unab­hängigkeit. Sie gewährleis­ten die fort­dauernde demokratis­che Legit­i­ma­tion der Jus­tiz und stellen sich­er, dass nur solche Per­so­n­en das Amt ausüben, die dazu nach wie vor in der Lage sind; es geht damit bei ein­er Bestä­ti­gungswahl immer auch um die Sich­er­stel­lung ein­er rechtsstaatlichen, funk­tion­ieren­den Jus­tiz […]. Gle­ichzeit­ig eröffnet die Wieder­wahl Möglichkeit­en äusser­er Bee­in­flus­sungsver­suche […] und die damit ein­herge­hende Gefahr, dass die Richter sich — beson­ders kurz vor Wieder­wahlter­mi­nen — bei ihrer Recht­sprechungstätigkeit teil­weise von der mut­masslichen Akzep­tanz durch das Wieder­wahlor­gan bee­in­flussen lassen kön­nten […]. (E. 3.4.)

Das von § 45 GpR SO vorge­se­hene Ver­fahren entspreche — so das BGer — im Wesentlichen jen­em für die eid­genös­sis­chen Gerichte gemäss Art. 135 ff. Par­la­ments­ge­setz (ParlG; SR 171.10). Die im Kan­ton Solothurn vorge­se­hene Amts­dauer von vier Jahren sei kurz bemessen. Indessen führe die Exk­lu­siv­ität der Kan­di­datur der Amts­gericht­spräsi­den­ten im ersten Wahl­gang für eine gewisse Sta­bil­ität. Dies diene der im öffentlichen Inter­esse liegen­den richter­lichen Unab­hängigkeit. Schliesslich liege auch keine Schein­wahl vor, denn die Wäh­ler hät­ten die Möglichkeit, durch leere Stim­men ihren Willen zur Abwahl eines Amts­gericht­spräsi­den­ten zum Aus­druck zu brin­gen. Erre­iche der bish­erige Stel­len­in­hab­er im ersten Wahl­gang das absolute Mehr nicht, sei die Stelle vor dem zweit­en Wahl­gang auszuschreiben (§ 45 Abs. 2 GpR SO).