Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil vom 3. April 2017 hatte das BGer die Gelegenheit, im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle zu prüfen, ob einzelne Bestimmungen des totalrevidierten Gemeindegesetzes des Kantons Zürich mit übergeordnetem Recht vereinbart werden können. Das revidierte Gemeindegesetz (GG/ZH 2015) wurde vom Kantonsrat am 20. April 2015 beschlossen und soll am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Die beiden für den Bundesgerichtsentscheid massgebenden Bestimmungen des revidierten Gemeindegesetzes lauten folgendermassen:
§ 3 GG/ZH 2015 “Gliederung und Organisation”
2 Politische Gemeinden organisieren sich als Versammlungsgemeinden oder als Parlamentsgemeinden. Parlamentsgemeinden nehmen auch die Aufgaben der Gemeinden im Bereich von Schule und Bildung wahr.
3 Schulgemeinden organisieren sich als Versammlungsgemeinden.
§ 177 GG/ZH 2015 “Auflösung von Schulgemeinden im Gebiet von Parlamentsgemeinden”
Schulgemeinden, die das Gebiet von Parlamentsgemeinden ganz oder teilweise umfassen, lösen sich bis zum Ablauf der nächsten ordentlichen Amtsdauer nach Inkrafttreten dieses Gesetzes auf.
Vier Oberstufenschulgemeinden und sechs politische Gemeinden aus dem Kanton Zürich beantragten dem BGer, die oben genannten Bestimmungen aufzuheben. Das BGer heisst die Beschwerde gut.
Das BGer prüft zunächst ausführlich, ob die Schulgemeinden und politischen Gemeinden zur Beschwerde legitimiert sind (E. 1.3.2. — E. 1.3.7.). Es kommt zum Schluss, dass die Beschwerdebefugnis sowohl den Schulgemeinden als auch den politischen Gemeinden zukomme, denn die Gemeinden rügten die Verletzung von Garantien, die ihnen von der Kantons- oder Bundesverfassung gewährt würden (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 50 BV; Art. 83–85 Zürcher Kantonsverfassung [KV/ZH; Ordnungs-Nr. 101]).
Sodann untersucht das BGer, ob das Verfassungsrecht des Kantons Zürich im streitbetroffenen Bereich Garantien zugunsten der beschwerdeführenden Gemeinden aufstellt:
Im Sinne eines Zwischenergebnisses zeigt sich, dass Art. 84 Abs. 2 KV/ZH eine kantonale Garantie zugunsten der Schulgemeinden gewährt (Art. 189 Abs. 1 lit. e BV): Es liegt in der ausschliesslichen Zuständigkeit der Stimmberechtigten der jeweiligen Schulgemeinde, darüber zu befinden, ob die Schulgemeinde in der bisherigen Form beibehalten werden, mit einer anderen Schulgemeinde fusionieren oder in der politischen Gemeinde aufgehen soll. Diese Garantie, wie sie sich aus der gewährleisteten Kantonsverfassung ergibt, steht unter dem Schutz der Eidgenossenschaft. Die Schulgemeinden können mit Recht rügen, eine die Garantie durchkreuzende Gesetzesbestimmung halte vor dem übergeordneten Recht nicht stand (Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG). (E. 2.4.6.)
Schliesslich hält das BGer fest, dass das revidierte Gemeindegesetz von jeder Mitwirkung der Stimmberechtigten der Schulgemeinden absehe. Der Wortlaut von § 3 und § 177 GG/ZH 2015 sei in dieser Hinsicht unzweideutig. Dies ergebe auch ein Blick in die Materialien. So habe Kantonsrat Philipp Kutter anlässlich der parlamentarischen Debatte beispielsweise gesagt, dass der alte Zopf abgeschnitten werden müsse um dadurch die unübersichtliche, verwirrende und groteske Situation (Nebeneinander von Parlamentsgemeinden und Versammlungsgemeinden) zu beseitigen. Eine verfassungskonforme Auslegung von § 3 und § 177 GG/ZH 2015 sei vor diesem Hintergrund ausgeschlossen. Das revidierte Gesetzesrecht könne Art. 84 Abs. 2 KV/ZH nicht zurückdrängen.