1C_502/2015: Revidiertes Gesetz über die Luzerner Polizei wird vom BGer teilweise aufgehoben (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 18. Jan­u­ar 2017 hat­te sich das BGer mit der Recht­mäs­sigkeit des rev­i­dierten Geset­zes über die Luzern­er Polizei (PolG/LU; SRL Nr. 350) zu befassen. Die Beschw­erde­führer (Demokratis­che Juristin­nen und Juris­ten Luzern, Jung­sozial­istIn­nen des Kan­tons Luzern, Sozialdemokratis­che Partei des Kan­tons Luzern, Grüne Partei des Kan­tons Luzern, Luzern­er Gew­erkschafts­bund, Junge Grüne Kan­ton Luzern und drei Pri­vat­per­so­n­en) stören sich u.a. an § 32b Abs. 4 PolG/LU, welch­er den Kosten­er­satz bei Ver­anstal­tun­gen mit Gewal­tausübung regelt. Die Bes­tim­mung lautet folgendermassen:

Der Anteil, der von den an der Gewal­tausübung beteiligten Per­so­n­en zu tra­gen ist, wird zu gle­ichen Teilen auf die einzel­nen Per­so­n­en aufgeteilt. Ein­er einzel­nen Per­son kön­nen höch­stens 30 000 Franken in Rech­nung gestellt werden.

Die Beschw­erde­führer machen gel­tend, dass § 32b Abs. 4 PolG/LU die Mei­n­ungs­frei­heit (Art. 16 BV) und das gebühren­rechtliche Äquiv­alen­zprinzip (Art. 5 und 9 BV) ver­let­ze, da mit ein­er Pauschal­isierung (“zu gle­ichen Teilen”) den sub­jek­tiv­en und objek­tiv­en Anteilen an der Verur­sachung zu Unrecht keine Rech­nung getra­gen werde. Das BGer stützt die Ansicht der Beschw­erde­führer und hält Fol­gen­des fest:

Bei der Bemes­sung der Kos­ten­tra­gungspflicht der Stör­er muss der Haf­tungsan­teil der einzel­nen Stör­er gestützt auf das Äquiv­alen­zprinzip nach sachgerecht­en Kri­te­rien fest­gelegt wer­den. Im Gegen­satz zur polizeitak­tisch ex ante vorzunehmenden Stör­erqual­i­fika­tion hat die Kostenüber­wälzung auf­grund ein­er objek­tiv­en Betra­ch­tung ex post zu erfol­gen. Die Behör­den haben die Kosten nach Mass­gabe des konkreten Tat­beitrags und damit entsprechend dem Grad der Ver­ant­wor­tung für die Störungssi­t­u­a­tion zu ver­legen. Jed­er Stör­er darf zur Kos­ten­tra­gung seines Störungsan­teils — und auss­chliesslich für diesen Anteil — herange­zo­gen wer­den […]. (E. 12.3.)

§ 32b Abs. 4 PolG/LU verun­mögliche, so das BGer, eine Unter­schei­dung zwis­chen Ran­dalier­ern und pas­siv­en Kundge­bung­steil­nehmern, die sich trotz polizeilich­er Auf­forderung nicht ent­fer­nen. Dies führe dazu, dass einem pas­siv­en Kundge­bung­steil­nehmer grund­sät­zlich ein Ver­wal­tungsaufwand bis zu ein­er Höhe von CHF 30’000.– indi­vidu­ell zugerech­net wer­den könne. Eine der­ar­tige Bes­tim­mung ver­stosse gegen das gebühren­rechtliche Äquiv­alen­zprinzip, welch­es das Ver­hält­nis­mäs­sigkeit­sprinzip und das Willkürver­bot für den Bere­ich der Kausal­ab­gaben konkretisiere.

Das BGer hebt § 32b Abs. 4 PolG/LU auf, weist die Beschw­erde in Bezug auf die rev­i­dierten §§ 32, 32a und 32b Abs. 1–3 PolG/LU indessen ab.