146 II 97: Grundsatz der Ist-Besteuerung bei Vorzugsmieten; Steuerumgehung (amtl. Publ.)

Das Bun­des­gericht hat­te den fol­gen­den Sachver­halt zu beurteilen: Der Ehe­mann ist Alleinak­tionär und alleiniges Mit­glied des Ver­wal­tungsrates der D AG. Die Ehe­frau ist Eigen­tümerin ein­er Liegen­schaft (Büroräum­lichkeit­en, Archiv/Lager, Park­plätze), die sie zum Preis von CHF 50’000 jährlich and die D AG ver­mi­etet. Diese wiederum unter­hält Unter­mi­etverträge mit Drit­ten, woraus sie Unter­mi­et­zin­sen von jährlich CHF 155’000 erhält. Die Steuer­be­hör­den rech­neten der Ehe­frau einen Betrag von CHF 105’000 auf und begrün­dete ihr Vorge­hen damit, dass der Miet­zins nur knapp einem Drit­tel des gemäss Drittver­gle­ich möglichen Unter­mi­et­zins­es entspreche. Nach ein­er Weisung des Regierungsrats des Kan­ton Zürich soll bei “eigen­er Nutzung von Geschäft­sräu­men im eige­nen Stock­w­erkeigen­tum” der Mietwert jen­em Miet­zins entsprechen, der — würde das Objekt ver­mi­etet — von einem Drit­ten erhältlich wäre.

Das Bun­des­gericht befand, natür­liche wie auch juris­tis­che Per­so­n­en kön­nten ihre steuer­lichen Angele­gen­heit­en grund­sät­zlich frei gestal­ten, was bedeutet, dass nur jene Einkün­fte besteuert wer­den kön­nen, die sich bei freier Gestal­tung der Ver­hält­nisse tat­säch­lich ergeben haben (“Ist-Prinzip”). Die bloss möglichen oder denkbaren, aber nicht erziel­ten Einkün­fte blieben daher grund­sät­zlich uner­he­blich (E. 2.2.3). Solle im Pri­vatver­mö­gen den­noch eine Aufrech­nung erfol­gen, set­zt dies voraus, dass die im Abgaberecht gel­tenden erhöht­en Anforderun­gen an das Legal­ität­sprinzip vor­lä­gen (E. 2.2.4).

Es hielt fest, die Besteuerung des Eigen­mi­etwert nach Art. 21 Abs. 1 lit. b DBG set­ze zwin­gend voraus, dass das Objekt der steuerpflichti­gen Per­son auf­grund von Eigen­tum oder eines unent­geltlichen Nutzungsrechts “für den Eigenge­brauch zur Ver­fü­gung ste­ht” (E. 2.5.2). Dies sei vor­liegend nicht der Fall, da der Zugriff der Eigen­tümerin (als Ver­mi­eterin) und der D AG (als Unter­ver­mi­eterin) auf das Objekt mit Blick auf die seit langer Zeit beste­hen­den Unter­mi­etverträge war sowohl fak­tisch als auch rechtlich stark beschränkt war (E. 2.5.5). Da damit Fremd- und nicht Eigen­nutzung vor­liege, schei­de eine auf Art. 21 Abs. 1 lit. b DBG gestützte “Soll-Besteuerung” aus.

Indessen gab das Bun­des­gericht den Vorin­stanzen im Ergeb­nis den­noch recht, indem es auf eine Steuerumge­hung schloss – wobei es allerd­ings nicht mit sein­er Prax­is zu Vorzugsmi­et­zin­sen unter Ver­wandten argu­men­tierte (Ver­wandten­mi­et­zins, BGr, 28. Jan­u­ar 2005, 2A.535/2003). Im vor­liegen­den Fall hät­ten die Ver­tragskon­di­tio­nen der D AG einen Mit­telzu­fluss von rund CHF 105’000 ermöglicht. Diesen habe sie ver­wen­den kön­nen, um einen Teil eines anson­sten in hohem Masse gefährde­ten Aktionärs­dar­lehens zurück­zuführen. Mith­il­fe dieser Struk­tur sei es den Eheleuten gelun­gen, steuer­bare Miet­zinse in eine steuer­freie Amor­ti­sa­tion umzuwan­deln. Die gewählte Rechts­gestal­tung sei nicht nur ungewöhn­lich (“inso­lite”) und auf­grund des Missver­hält­niss­es zwis­chen Miet- und Unter­mi­et­zins den wirtschaftlichen Gegeben­heit­en völ­lig unangemessen. Neben diesem objek­tiv­en Ele­ment der Steuerumge­hung seien auch die anderen Voraus­set­zun­gen für die Steuerumge­hung erfüllt (E. 2.6.4).