2C_512/2023: Beginn des Fristenlaufs im Submissionsverfahren

Im Entscheid 2C_512/2023 vom 5. Juni 2024 urteilte das Bun­des­gericht über das fris­taus­lösende Moment für die Anfech­tung der Zuschlagserteilung an eine andere Anbieterin.

Mit Auss­chrei­bung vom 21. Okto­ber 2022 eröffnete das Tief­bauamt des Kan­tons Zürich ein offenes Sub­mis­sionsver­fahren betr­e­f­fend Strassen­bauar­beit­en. Am 19. April 2023 erg­ing der Zuschlag an die Arbeits­ge­mein­schaft D. Mit Schreiben vom 26. April 2023 teilte die Ver­gabebe­hörde anderen Anbi­eterin­nen, darunter der Beschw­erde­führerin, die Zuschlagserteilung an D. mit. Am 2. Mai 2023 erfol­gte die SIMAP-Pub­lika­tion des Zuschlags. Die Beschw­erde­führerin beantragte mit Beschw­erde vom 12. Mai 2023 die Aufhe­bung des Zuschlags. Das Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Zürich trat auf die Beschw­erde nicht ein, da diese ver­spätet ein­gere­icht wor­den sei. Gegen diesen Nichtein­tretensentscheid gelangte die Beschw­erde­führerin an das Bundesgericht.

Das Bun­des­gericht anerkan­nte, dass die Frage, wann der Fris­ten­lauf begin­nt, eine Rechts­frage von grund­sät­zlich­er Bedeu­tung gemäss Art. 83 lit. f Ziff. 1 BGG darstelle und trat auf die Beschw­erde ein (E. 1.2.2 und 1.4). Die dies­bezügliche Recht­slage ändere sich unter dem mit­tler­weile rev­i­dierten Recht (IVöB 2019) nicht, auch wenn die Beschw­erde­frist dort von zehn auf 20 Tage ver­längert wurde.

Das Bun­des­gericht stellte fest, dass es sich bei dem der Beschw­erde­führerin zuge­gan­genen Schreiben vom 26. April 2023 um eine Ver­fü­gung han­delte. Dem ste­he nicht ent­ge­gen, dass das Schreiben aus zwei Seit­en bestünde und nur auf der zweit­en Seite, welche anders als die erste Seite nicht direkt an die Beschw­erde­führerin andressiert war, «Sub­mis­sion­sergeb­nis / Ver­fü­gung» ste­he. Das Schreiben bein­halte eine Anweisung samt Begrün­dung und Rechtsmit­tel­belehrung, wom­it ihm Ver­fü­gungscharak­ter zukomme. Die Zustel­lung der Ver­fü­gung per A‑Post ste­he dem nicht ent­ge­gen (E. 3.4.3).

Das Bun­des­gericht gelangte zum Ergeb­nis, dass die Beschw­erde­frist mit der indi­vidu­ellen Zustel­lung der Ver­fü­gung am 28. April 2023 aus­gelöst wurde (E. 3.5.1). Daran ändere auch der Umstand der späteren Pub­lika­tion auf SIMAP nichts: Die Rechtsmit­tel­belehrung auf der Ver­fü­gung habe klar darauf hingewiesen, dass nach Zugang der Ver­fü­gung innert zehn Tagen Beschw­erde erhoben wer­den könne. Das «Pri­mat der indi­vidu­ellen Zustel­lung», wie es im Kan­ton Zürich gelte, sei nicht zu bean­standen (E. 3.5.2).

Schliesslich sprach das Bun­des­gericht der Beschw­erde­führerin auch einen aus dem Ver­trauenss­chutz fliessenden Anspruch ab: Dass ihr der Pro­jek­tleit­er der Ver­gabestelle mündlich zugesichert hat­te, dass die Beschw­erde­frist erst mit der SIMAP-Pub­lika­tion zu laufen beginne, habe kein berechtigtes Ver­trauen begrün­den kön­nen. Als erfahrene Bau­un­ternehmung habe die Anbi­eterin um die Kom­pe­ten­zen des Pro­jek­tleit­ers wis­sen müssen und nicht auf dessen juris­tis­che Auskün­fte ver­trauen dür­fen (E. 5.2).