A‑737/2012: Amtshilfegesuch des IRS genügt nicht für die Herausgabe von Kundendaten

Mit Urteil vom 5. April 2012 hat das Bun­desver­wal­tungs­gericht die Beschw­erde gut­ge­heis­sen, mit welch­er ein CS-Kunde die Her­aus­gabe sein­er Kun­den­dat­en an die amerikanis­che Steuer­be­hörde ver­hin­dern wollte.

Das Urteil kann nicht an das BGer weit­erge­zo­gen wer­den und ist rechtskräftig.

Die Medi­en­mit­teilung des BVGer fasst das Urteil im Wesentlichen wie fol­gt zusammen.

Das Bun­desver­wal­tungs­gericht kam zum Schluss, dass die im Amt­shil­fege­such for­mulierten “search cri­te­ria” für die Iden­ti­fika­tion der Bankkun­den (Kat­e­gorie 2) so abge­fasst sind, dass vor allem blosse Steuer­hin­terziehun­gen darunter fall­en, für welche nach dem mass­geben­den DBA-USA 96 keine Amt­shil­fe geleis­tet wird. Dies wider­spricht dem Ver­hält­nis­mäs­sigkeit­sprinzip, das auch im Amt­shil­fever­fahren gilt.

Die Steuer­be­hörde der Vere­inigten Staat­en (IRS) hat­te am 26. Sep­tem­ber 2011 gestützt auf das Abkom­men vom 2. Okto­ber 1996 zwis­chen der Schweiz­erischen Eidgenossen­schaft und den Vere­inigten Staat­en von Ameri­ka zur Ver­mei­dung der Dop­pelbesteuerung auf dem Gebi­ete der Steuern vom Einkom­men (DBA-USA 96) ein Amt­shil­fege­such ein­gere­icht, in dem sie der Cred­it Suisse (CS) vor­wirft, Mitar­beit­er der­sel­ben hät­ten nach US-Recht steuerpflichti­gen Kun­den aktiv dabei geholfen, Einkom­men und Ver­mö­gen vor dem US-Fiskus zu ver­ber­gen. Im Amt­shil­fege­such wer­den keine Kun­den­na­men genan­nt, son­dern es wird das erwäh­nte Ver­hal­ten der Mitar­beit­er der Cred­it Suisse umschrieben. Zudem wer­den vier Kat­e­gorien von Iden­ti­fika­tion­skri­te­rien aufge­führt, mit­tels welch­er die Bank auf die vom Amt­shil­fege­such betrof­fe­nen Kun­den schliessen kann.

Das BVGer hält zunächst dafür, dass das im Amt­shil­fege­such umschriebene Ver­hal­ten der Mitar­bei­t­en­den der CS, aus dem auch auf das Ver­hal­ten der Kun­den selb­st geschlossen wer­den kann, unter den Begriff “Betrugs­de­lik­te und der­gle­ichen” gemäss DBA-USA 96 sub­sum­iert wer­den könnte.

Es unter­sucht danach aber weit­er, ob auch die Kri­te­rien zur Iden­ti­fika­tion der betrof­fe­nen Kun­den (“search cri­te­ria” gemäss Kat­e­gorie 2) unter diesen Begriff fall­en. Die Kat­e­gorie 2 umfasst Depots von Dom­izilge­sellschaften mit US wirtschaftlich Berechtigten, in denen US-Wertschriften gehal­ten wer­den und für die es kein For­mu­lar W‑9 gibt.

Dabei kommt das BVGer zum Schluss, dass diese “search cri­te­ria” im Amt­shil­fege­such des IRS so for­muliert sind, dass vor allem Per­so­n­en darunter fall­en, die sich höch­stens ein­er Steuer­hin­terziehung schuldig gemacht haben. Zudem ist es die ESTV, die erst im Nach­hinein die Arglist, welche für das Vor­liegen eines amthil­fe­fähi­gen betrügerischen Ver­hal­tens erforder­lich ist, erstellt. Die “search cri­te­ria” sind somit nicht so for­muliert, dass den durch die Bank mit­tels dieser Kri­te­rien iden­ti­fizierten Kun­den mit hoher Wahrschein­lichkeit ein amt­shil­fe­fähiges betrügerisches Ver­hal­ten zur Last gelegt wer­den kann, und die ESTV nur noch prüfen müsste, ob die her­aus­gegebe­nen Dat­en geeignet sind, den entsprechen­den Ver­dacht zu erhärten. Ein solch­es Vorge­hen wider­spricht dem Ver­hält­nis­mäs­sigkeit­sprinzip, das als all­ge­meines Prinzip des Ver­wal­tungsrechts auch im Amt­shil­fever­fahren zur Anwen­dung kommt.

Das BVGer bestätigt seine Recht­sprechung, dass unter dem DBA-USA 96 für ver­mutete reine Steuer­hin­terziehung, selb­st wenn es um hohe Beträge geht, keine Amt­shil­fe zu leis­ten ist. Eben­so hält es daran fest, dass es sich beim blossen Nich­tangeben eines Kon­tos höch­stens um eine nicht amt­shil­fe­fähige Steuer­hin­terziehung handelt.