2C_107/2011: Ersatzbeschaffung von Liegenschaften beim Liegenschaftenhändler

Der Beschw­erde­führer war Eigen­tümer ein­er Rei­he von Liegen­schaften in A., vor­wiegend ver­mi­etete Mehrfam­i­lien­häuser. Ausser­dem gehörten ihm in B. (Kan­ton ZH) ver­schiedene Grund­stücke (alle Teil ein­er Über­bau­ung). Diese Let­zteren verkaufte der Beschw­erde­führer und erwarb ein “Ersatz­grund­stück” in A.

Für die veräusserten Grund­stücke beantragte der Beschw­erde­führer den Auf­schub der Grund­stück­gewinns­teuer infolge Ersatzbeschaf­fung von betrieb­snotwendi­gem Anlagev­er­mö­gen (StHG 8 IV).

Im Rah­men des Entschei­ds unter­suchte das BGer u.a., ob die für die Ersatzbeschaf­fung erforder­lichen Voraus­set­zun­gen des Betriebs erfüllt seien.

(E.3.2) Das Geschäftsver­mö­gen beste­ht aus Umlaufver­mö­gen und Anlagev­er­mö­gen. Let­zteres bein­hal­tet das für den Betrieb notwendi­ge Ver­mö­gen ein­er­seits sowie das Kap­i­ta­lan­lagev­er­mö­gen (nicht betrieb­snotwendig) andererseits.

Bei einem (interkan­tonalen) Liegen­schaften­händler unter­schei­den Recht­sprechung und Lehre drei Arten von Immo­bilien: solche, die für den Verkauf bes­timmt sind und damit Han­del­sware (Umlaufver­mö­gen) bilden, Betrieb­sliegen­schaften, d.h., unmit­tel­bar dem Han­dels­be­trieb dienende Liegen­schaften (Anlagev­er­mö­gen), sowie Kap­i­ta­lan­lageliegen­schaften, die nur mit­tel­bar durch ihren Ertrag als Kap­i­ta­lan­lage einem Unternehmen bzw. einem Pri­vat­en dienen [Zitate].

Nor­maler­weise stellen Immo­bilien bei Liegen­schaften­händlern Umlaufver­mö­gen dar, d.h., sie sind wed­er Betriebs- noch Kap­i­ta­lan­lageliegen­schaften [Zitate]. Ordentliche Abschrei­bun­gen sind nur auf Betrieb­sliegen­schaften (Anlagev­er­mö­gen geschäftlich­er Betriebe) denkbar, d.h. nicht auf Kap­i­ta­lan­lageliegen­schaften oder auf Immo­bilien des Umlaufver­mö­gens.

Der Betrieb des Beschw­erde­führers war ein aus Liegen­schaften­han­del und Immo­bilien­ver­wal­tung gemis­chter Betrieb vor, und es waren die Liegen­schaften ursprünglich als Anlagev­er­mö­gen zu qualifizieren.

(E.4.3) Wer­den aber solche Liegen­schaften veräussert, dann wech­seln sie — im gemis­cht­en Immo­bilien­han­dels- und ‑ver­wal­tungs­be­trieb — automa­tisch ihre Funk­tion und wer­den sie zu Umlaufver­mö­gen. Wohl kann ein solch­er Betrieb nebeneinan­der Anlage- und Umlaufver­mö­gen hal­ten (und nur auf Ersterem abschreiben). Wer­den aber Liegen­schaften des bish­eri­gen Anlagev­er­mö­gens zum Verkauf aus­geschrieben, dann dienen sie dem Betrieb offen­sichtlich nicht mehr auf Dauer (was das Wesen des Anlagev­er­mö­gens aus­macht) und wech­seln zum Umlaufver­mö­gen. In diesem Sinne gibt die Art des Aktivums oder seine Beschaf­fen­heit noch nicht Auskun­ft über die Zuord­nung, son­dern mass­gebend ist der Ver­wen­dungszweck. Daher ist es auch möglich, dass gle­ichar­tige Güter Umlauf- oder Anlagev­er­mö­gen bilden und hat die Änderung der Zweckbes­tim­mung eines Ver­mö­gensgutes nor­maler­weise eine Neuzuord­nung inner­halb der Aktiv­en zur Folge. Deshalb ste­ht — in einem gemis­cht­en Betrieb — die Zuord­nung nicht ein für alle Mal (sta­tisch) fest. […] Entschei­dend ist nicht die Funk­tion zu Beginn der Hal­tezeit, son­dern im Zeit­punkt der Veräusserung.

Fraglich war schliesslich, ob die verkauften Liegen­schaften “betrieb­snotwendig” im Sinne von StHG 8 IV waren.
(E.5.1) Die Anla­geob­jek­te erfüllen zwar ihre Funk­tion in einem Immo­bilien­ver­wal­tungs­be­trieb def­i­n­i­tion­s­gemäss nicht nur mit­tel­bar, aber doch nicht der­massen unmit­tel­bar, wie es für eine steuerneu­trale Ersatzbeschaf­fung unbe­d­ingt erforder­lich ist.Die Ersatzbeschaf­fungskri­te­rien mögen gemäss dem Kreiss­chreiben Nr. 5 “Umstruk­turierung” ESTV erfüllt sein. [Dieses Kreiss­chreiben wurde jedoch im Zusam­men­hang mit der Ein­führung des FusG] geschaffen. 
[Die Kri­te­rien des KS 5] sind daher nicht direkt auf die Ersatzbeschaf­fung im Grund­s­teuer­recht anwend­bar. Die steuerneu­trale Über­tra­gung eines Betriebs im Rah­men ein­er Umstruk­turierung set­zt voraus, dass die stillen Reser­ven weit­er­hin dem Betrieb dienen. Demge­genüber wird im steuer­lichen Ersatzbeschaf­fungsrecht diese Verknüp­fung ger­ade aufgelöst und wer­den die stillen Reser­ven auf ein Ersat­zob­jekt über­tra­gen. An die Betrieb­snotwendigkeit des Grund­stücks für die Anerken­nung ein­er steuerneu­tralen Ersatzbeschaf­fung ist ein strenger Massstab anzulegen.