2C_415/2011: unzulässiges generelles Verbot aussenpolitisch brisanter Plakate im HB Zürich (amtl. Publ.)

Das BGer schützt eine Beschw­erde gegen ein Urteil des BVGer im Zusam­men­hang mit Wer­be­plakat­en im Haupt­bahn­hof Zürich. Strit­tig war der Aushang von Plakat­en mit kri­tis­ch­er Hal­tung gegenüber der israelis­chen Sied­lungspoli­tik. Die SBB hat­te die Ent­fer­nung dieser Plakate im HB Zürich ange­ord­net und dann den Aushang ver­boten, wobei sie sich auf ihr Regle­ment stützte, das den Aushang von Plakat­en zu aussen­poli­tisch brisan­ten The­men generell verbot.

Das BGer unter­schei­det zunächst inner­halb der öffentlichen Sachen zwis­chen Finanzver­mö­gen (das nur mit­tel­bar der Erfül­lung von Ver­wal­tungsauf­gaben dient) und öffentlichen Sachen im engeren Sinne, die wiederum in Ver­wal­tungsver­mö­gen und in Sachen im Gemeinge­brauch zer­fall­en. Let­ztere dienen bei­de unmit­tel­bar durch ihren Gebrauch­swert der Erfül­lung öffentlich­er Auf­gaben, unter­schei­den sich aber in ihrem Benutzerkreis (Ver­wal­tungsver­mö­gen ste­ht nur einem eingeschränk­ten Kreis offen, Sachen im Gemeinge­brauch nicht). Im konkreten Fall sei klar, dass die Bahn­hof­swand (auf der die Plakate anzubrin­gen gewe­sen wären) entwed­er um eine Sache im Gemeinge­brauch oder im Ver­wal­tungsver­mö­gen im Anstalts­ge­brauch der SBB han­delt. Bei­des sei hier fast iden­tisch, so dass eine Unter­schei­dung hier unterbleiben könne. Ein bed­ingter grun­drechtlich­er Anspruch auf die Nutzung zum Plakataushang beste­he hier jeden­falls, da die SBB die Nutzung ihrer Grund­stücke ein­schliesslich der Bahn­hof­swände selb­st für Fremd­wer­bung vorge­se­hen habe.

Fraglich war damit nur noch, ob der Ein­griff der SBB in die Mei­n­ungs­frei­heit durch das generelle Ver­bot von Plakat­en zu aussen­poli­tisch brisan­ten The­men vor BV 36 stand­hielt. Das BGer verneint dies:

Ein generelles solch­es Ver­bot käme ver­boten­er Zen­sur gle­ich. Höch­stens im Einzelfall kommt ein Ver­bot in Frage, wenn ausseror­dentliche Umstände dies ver­lan­gen. Ein generelles Ver­bot ist unver­hält­nis­mäs­sig. Es ist aber auch ungeeignet, weil nicht ersichtlich war, dass poli­tis­che Plakate Polizeigüter oder Grun­drecht­spo­si­tio­nen Drit­ter eher beein­trächti­gen kön­nen als z.B. Plakate zu innen­poli­tisch brisan­ten The­men oder der überdi­men­sion­ale Bild­schirm, auf dem Tagesin­for­ma­tio­nen auch aussen­poli­tisch brisan­ter Natur flim­mern. Damit war der Ein­griff der SBB in die Mei­n­ungs­frei­heit durch das generelle Ver­bot bes­timmter brisan­ter Plakate ungerechtfertigt.