4A_15/2014: Kürzung einer 2. Mieterstreckung mangels Suchbemühungen während 1. Erstreckung

Das BGer fasst im vor­liegen­den Urteil die Vorauss­set­zun­gen der Mieter­streck­ung nach OR 272 wie fol­gt zusam­men:

  • Inter­essen­ab­wä­gung: Die Erstreck­ung kann ver­langt wer­den, wenn die Beendi­gung der Miete für den Mieter oder seine Fam­i­lie eine Härte zur Folge hätte, die durch die Inter­essen des Ver­mi­eters nicht zu recht­fer­ti­gen wäre. Dabei sind insb. die Umstände nach OR 272 II zu berück­sichti­gen, auch Suchbemühungen.
  • Dauer (OR 272b I); für Wohn­räume max. 4 Jahre; in diesem Rah­men eine oder zwei Erstreckungen
  • 2. Erstreck­ung: Hier ist auch zu berück­sichti­gen, ob der Mieter zur Abwen­dung der Härte alles Zumut­bare unter­nom­men hat (OR 272 III). Zumut­bar ist insb. die Suche nach Ersatzobjekten. 
  • Suchbe­mühun­gen: Ohne Nach­weis von Suchbe­mühun­gen während der 1. Erstreck­ung wird eine 2. Erstreck­ung idR ver­weigert. Ungenü­gende Suchbe­mühun­gen kön­nen zu ein­er Reduk­tion der Dauer der 2. Erstreck­ung führen. 
  • Suchbe­mühun­gen sind “beschränkt” zu erwarten, wenn der Mieter die Kündi­gung mit Aus­sicht auf Erfolg ange­focht­en hat, und kön­nen nicht ver­langt wer­den bei Per­so­n­en, die dazu infolge Alter, Krankheit oder Inva­lid­ität nicht in der Lage sind. Solche Mieter müssen u.U. aber Hil­fe suchen. Wennnur ein Umzug in ein Alters- oder Pflege­heim in Betra­cht kommt, hat sich die betrof­fene Per­son sodann ern­sthaft um einen entsprechen­den Platz zu bemühen. 

Im vor­liegen­den Fall hat­te eine ältere Per­son während der 1. Erstreck­ung keine Suchbe­mühun­gen unter­nom­men. Den­noch wurde angesichts des hohen Alters eine zweite Erstreck­ung gewährt. Dabei wurde das Fehlen von Suchbe­mühun­gen während 1. Erstreck­ung bei der Bemes­sung der 2. Erstreck­ung berücksichtigt. 

Allerd­ings hat­te die Vorin­stanz, das Appel­la­tion­s­gerichts des Kan­tons Basel-Stadt, diesen Umstand  zu stark gewichtet, indem sie der Mieterin nur 1/3 der noch möglichen Dauer von 3 Jahren gewährt hat­te, insb. angesichts der weit­eren beachtlichen Umstände:

So kann der Vorin­stanz nicht gefol­gt wer­den, wenn sie fordert, die 93-jährige Beschw­erde­führerin hätte sich für eine geeignete Ersatz­woh­nung an bekan­nte Liegen­schaftsver­wal­tun­gen wen­den müssen, auch wenn sie hier­bei keine Chance gehabt hätte. Vielmehr muss angesichts der per­sön­lichen Ver­hält­nisse der Beschw­erde­führerin als genü­gend ange­se­hen wer­den, wenn sie sich ern­sthaft um einen Platz in ein­er Alterssied­lung oder in einem Alter­sheim bemüht hat, wie dies seit März 2013 denn auch der Fall war. Dabei ist zu berück­sichti­gen, dass solche Plätze erfahrungs­gemäss nicht leicht und schnell zu find­en sind. Sodann fällt auf der Seite der Mieterin das langjährige Mietver­hält­nis seit min­destens 1991 bzw. gemäss ihren — von der Vorin­stanz für uner­he­blich gehal­te­nen — eige­nen Angaben seit 1976/77 in die Waagschale. Die hochbe­tagte Beschw­erde­führerin, die überdies nur über beschei­dene finanzielle Mit­tel ver­fügt, hat daher ein sehr gewichtiges Inter­esse, in ihrer bish­eri­gen Woh­nung das Frei­w­er­den eines Platzes in ein­er Alterssied­lung oder einem Alter­sheim abwarten zu dürfen.

Sodann musste die Woh­nung für die Ver­mi­eter­seite offen­bar nicht drin­gend ver­füg­bar sein (was im Rah­men der Inter­essen­ab­wä­gung zu berück­sichti­gen gewe­sen wäre).