Gegenstand dieses Urteils bildete ein Werkvertrag, bei welchem die Unternehmerin mehrere Leistungen erbringen musste. Da sie sich mit einem Teil der Leistungen in Verzug befand, trat die Bestellerin vom gesamten Werkvertrag zurück.
Das Bundesgericht konnte sich in der Folge erstmals zur Frage äussern, ob der Bestellerin gestützt auf Art. 366 Abs. 1 OR einzig ein Anspruch zusteht, auf die nicht rechtzeitig erbrachte Teilleistung zu verzichten, oder ob sie, obwohl die Unternehmerin mit einem anderen Teil der Leistung nicht in Verzug ist, dennoch auf die gesamte Leistung verzichten darf. Es kam zum Schluss, dass die mit einem Gesamtverzicht verbundenen Nachteile überwiegen würden, weshalb die Bestellerin nicht berechtigt war, auf sämtliche Teilleistungen zu verzichten (E. 16.2.4).
Das Bundesgericht verglich diese Fallkonstellation zunächst mit der Situation bei Sukzessivlieferungsverträgen bzw. beim Verzug mit Zahlungsraten. Es wies darauf hin, dass in einem solchen Fall der Gläubiger nur für die bereits verfallenen Raten nach Art. 107 OR vorgehen könne. Von diesem Grundsatz dürfe allerdings in Ausnahmefällen abgewichen werden, nämlich wenn auch die künftige Vertragserfüllung als gefährdet erscheine oder wenn der Gläubiger aufgrund einer besonderen Vertragsbestimmung auch mit Bezug auf nicht verfallene Raten zur Ausübung der Rechte nach Art. 107/109 OR ermächtigt ist (BGE 119 II 136, E. 3). Vorausgesetzt sei die Teilbarkeit der Leistung im technischen Sinn; allerdings reiche die technische Teilbarkeit alleine nicht aus, sondern letztlich sei der Vertragszweck und die Interessenlage massgeblich (E. 16.2).
Das Bundesgericht bejahte vorliegend die technische Teilbarkeit aus mehreren Gründen (E. 16.2.1):
- Für die verschiedenen Leistungen seien unterschiedliche Zwischentermine vereinbart worden;
- Die Leistungen hätten auch durch verschiedene Unternehmer erbracht werden können;
- Die Gegenleistung sei ebenfalls teilbar gewesen, unabhängig davon, dass ein Pauschalpreis vereinbart worden sei, zumal ein Gutachter den Anteil der einzelnen Leistungen habe beziffern können;
- Betreffend die Interessenlage und den Vertragszweck habe kein Wille nachgewiesen werden können, einen nicht teilbaren Vertrag abzuschliessen. Nichts Entscheidendes ergebe sich aus der Zusammenfassung der verschiedenen Leistungen in einem Gesamtvertrag und unter einem BKP sowie aus der Vereinbarung desselben Endtermins.
Betreffend die Gefährung sei, so das Bundesgericht weiter, namentlich auf die Gründe der erfolgten Pflichtverletzung abzustellen. Im vorliegenden Fall verneinte das Bundesgericht eine solche Gefährdung, da die Unternehmerin mit jenem Teil der Leistungen in Verzug geraten sei, wo sie keine Erfahrung besessen habe und auf ihren Drittlieferanten angewiesen gewesen sei. Es sei deshalb nicht zulässig, aufgrund des Verzugs bei einer Teilleistung tel quel auf eine Gefährdung auch mit Bezug auf die andere Teilleistung zu schliessen, welche in casu das Fachgebiet der Unternehmerin betroffen habe und wo sie auf keine Drittlieferantin angewiesen gewesen sei (E. 16.2.2).
Schliesslich verweist das Bundesgericht auf die im Werkvertrag bestehende besondere Interessenlage, da der Unternehmer das Werk typischerweise nach den individuellen Wünschen des Bestellers fertige und es deshalb nur eine beschränkte Verkehrstauglichkeit aufweise. Ein Gesamtverzicht sei daher für den Unternehmer regelmässig mit erheblichen Nachteilen verbunden, weshalb ein Gesamtverzicht dem Unternehmer nicht ohne Weiteres aufgebürdet werden dürfe (E. 16.2.3).