4A_490/2015: Kein Rechtsmittel gegen einen positiven Ernennungsentscheid nach Art. 362 ZPO (amtl. Publ.)

Mit Entscheid 4A_490/2015 vom 25. Feb­ru­ar 2016 behan­delte das Bun­des­gericht die Frage, ob gegen einen pos­i­tiv­en Ernen­nungsentscheid nach Art. 362 ZPO ein Rechtsmit­tel ergrif­f­en wer­den kann.

Das Bun­des­gericht befasste sich zunächst mit der Recht­sprechung betr­e­f­fend die inter­na­tionale Schieds­gerichts­barkeit und der Lehre (E. 1.4.2. f.): 

Unter dem mit Inkraft­treten der ZPO aufge­hobe­nen Konko­r­dat vom 27. März 1969 über die Schieds­gerichts­barkeit (AS 1969 1093) hat sich das Bun­des­gericht nie abschliessend dazu geäussert, ob pos­i­tive Ernen­nungsentschei­de des staatlichen Richters ange­focht­en wer­den kön­nen (…). Zu Art. 179 IPRG, der Par­al­lel­norm von Art. 362 ZPO in der inter­na­tionalen  lex arbi­tri, beste­ht hinge­gen eine gefes­tigte Recht­sprechung: Danach ste­ht gegen den pos­i­tiv­en Ernen­nungsentscheid des staatlichen Gerichts kein Rechtsmit­tel an das Bun­des­gericht offen, was bedeutet, dass das Vor­liegen eines Ablehnungs­grun­des gegenüber dem ernan­nten Schied­srichter oder das Fehlen ein­er gülti­gen Schiedsvere­in­barung und damit die Unzuständigkeit des Schieds­gerichts erst im Rah­men ein­er Beschw­erde gegen den Schiedsspruch vorge­bracht wer­den kön­nen (…). (…)
Diese Recht­sprechung soll nach herrschen­der Lehre auch auf pos­i­tive Ernen­nungsentschei­de über­tra­gen wer­den, die gestützt auf Art. 362 ZPO ergan­gen sind. Danach sind solche Entschei­de unan­fecht­bar (…). Ein Teil der Lehre bejaht — im Sinne ein­er Aus­nahme und in Anlehnung an ein vere­inzelt gebliebenes Urteil des Bun­des­gerichts (…) — immer­hin dann ein Rechtsmit­tel gegen pos­i­tive Ernen­nungsentschei­de, wenn der Ernen­nungsrichter gle­ichzeit­ig mit der Ernen­nung auch noch über ein Ablehnungs­ge­such gegenüber dem ernan­nten Schied­srichter befun­den hat (…). 
Nach Mass­gabe dieser Über­legun­gen zog das Bun­des­gericht den fol­gen­den Schluss (E. 1.4.4.): 
Der Lehre ist zu fol­gen und auch hin­sichtlich pos­i­tiv­er Ernen­nungsentschei­de nach Art. 362 ZPO die mit BGE 115 II 294 zur inter­na­tionalen  lex arbi­tri begrün­dete Recht­sprechung zugrunde zu leg­en. Solche Entschei­de sind fol­glich jeden­falls dann nicht anfecht­bar, wenn darin nicht gle­ichzeit­ig mit der Ernen­nung auch noch über ein Ablehnungs­ge­such gegenüber dem ernan­nten Schied­srichter befun­den wurde. Die Zuständigkeit des Schieds­gerichts, über die der einge­set­zte Schied­srichter unab­hängig vom Ernen­nungsentscheid selb­st zu entschei­den hat, kann mithin erst im Rah­men ein­er Schieds­beschw­erde gegen den Schiedsspruch in Frage gestellt wer­den. Der pos­i­tive Ernen­nungsentscheid selb­st, in dem der staatliche Richter nach sum­marisch­er Prü­fung den Bestand der Schiedsvere­in­barung bejaht hat (Art. 362 Abs. 3 ZPO), kann hinge­gen auch im Rah­men ein­er Schieds­beschw­erde nicht mehr indi­rekt ange­focht­en bzw. mitange­focht­en wer­den. Soweit einige der oben in E. 1.4.3 zitierten Autoren eine andere Auf­fas­sung zu vertreten scheinen, näm­lich dass der pos­i­tive Ernen­nungsentscheid als “Zwis­ch­enentscheid” zusam­men mit einem anfecht­baren Schied­sentscheid “mitange­focht­en” wer­den könne, beruht dies auf einem Missver­ständ­nis: Zwar hat das Bun­des­gericht in BGE 115 II 294 E. 2a und 2d einen pos­i­tiv­en Ernen­nungsentscheid (untech­nisch) als “déci­sion inci­dente” beze­ich­net; dies indessen nur vor dem Hin­ter­grund, dass der Ernen­nungsentscheid lediglich eine Etappe  im Rah­men des Schiedsver­fahrens darstellt und dieses nicht zum Abschluss bringt. Hinge­gen bringt der pos­i­tive Ernen­nungsentscheid das Ver­fahren vor dem staatlichen Ernen­nungsrichter sehr wohl zum Abschluss. Im Rah­men ein­er Beschw­erde gegen den Zuständigkeit­sentscheid des Schieds­gerichts kann mithin zwar die bere­its dem Ernen­nungsrichter zur sum­marischen Prü­fung vorgelegte Frage, ob eine Schiedsvere­in­barung beste­ht, erneut aufge­wor­fen, hinge­gen die  Ernen­nung eines Schied­srichters als solche nicht mehr (rück­wirk­end) ange­focht­en wer­den.
Gegen den vor­liegend ange­focht­e­nen Ernen­nungsentscheid, mit dem die Vorin­stanz einzig über die Ernen­nung eines Einzelschied­srichters entsch­ieden hat, ste­ht damit  kein Rechtsmit­tel an das Bun­des­gericht offen, dies wed­er direkt noch indi­rekt im Rah­men ein­er Beschw­erde gegen einen anfecht­baren Schiedsspruch
Da die Parteien im vorin­stan­zlichen Ver­fahren keine Ablehnungs­gründe gegen den einge­set­zten Schied­srichter vorge­bracht haben und sich die Vorin­stanz damit zur Aus­stands­frage nicht geäussert hat, kann freilich die Frage offen bleiben, ob in Anlehnung an das vere­inzelte und unpub­lizierte Urteil 5P.362/2005 gegen einen Ernen­nungsentscheid nur aber immer­hin dann ein Rechtsmit­tel offen stünde, wenn darin gle­ichzeit­ig über einen Ablehnungs­grund entsch­ieden wurde.