2C_880/2015, 2C_885/2015: Konzession für den Plakataushang, keine Anwendung des Vergaberechts (amtl. Publ.)

Die Stadt Lau­sanne führte für die Erneuerung der Konzes­sion für den Plakataushang auf öffentlichem und pri­vatem Grund eine Auss­chrei­bung i.S.v. Art. 2 Abs. 7 BGBM durch und ver­gab die Konzes­sion an die A. AG. Die B. AG erhob erfol­gre­ich Beschw­erde vor dem Tri­bunal can­ton­al, welch­es die Konzes­sion der B. AG zus­prach. Sowohl die A. AG als auch die Gemeinde Lau­sanne erhoben gegen diesen Entscheid Beschw­erde in öffentlich-rechtlichen Angele­gen­heit­en und sub­sidiäre Verfassungsbeschwerde.

Das Bun­des­gericht nahm dieses Ver­fahren zum Anlass, um die Frage zu klären, inwiefern die Regeln des öffentlichen Beschaf­fungsrechts im Bere­ich von Art. 2 Abs. 7 BGBM anwend­bar sind. Es ver­wies dabei auf ein früheres Urteil, in welchem das Bun­des­gericht unter Hin­weis auf die Lehre in einem obiter dic­tum erwogen hat­te, dass das Ver­fahren der Auss­chrei­bung, auf welch­es Art. 2 Abs. 7 BGBM ver­weist, nicht die Unter­stel­lung sämtlich­er Konzes­sion­serteilun­gen unter die für das öffentliche Beschaf­fungswe­sen gel­tenden Regelung nach sich ziehen würde und dass von dieser Bes­tim­mung nur gewisse ver­fahren­srechtliche Min­dest­garantien wie etwa diejeni­gen von Art. 9 Abs. 1 und 2 BGBM betr­e­f­fend die Rechtsmit­tel betrof­fen seien (BGE 135 II 49, E. 4.1). Dieser Ansicht sei, so das Bun­des­gericht, zu folgen:

  • Zunächst beschränke sich gemäss Wort­laut von Art. 2 Abs. 7 BGBM die Anwen­dung des öffentlichen Beschaf­fungsrechts aus­drück­lich nur auf einzelne Aspek­te. Dies entspreche zudem den Vorstel­lun­gen des Geset­zge­bers (E. 6.3.1).
  • Das vorste­hend Aus­ge­führte zeige sich sodann an der aktuell laufend­en Revi­sion des öffentlichen Beschaf­fungsrechts. Im ersten Entwurf habe der Anwen­dungs­bere­ich des öffentlichen Beschaf­fungsrechts auf sämtliche Konzes­sionsver­gaben aus­geweit­et wer­den sollen, was zu ein­er Stre­ichung von Art. 2 Abs. 7 BGBM geführt hätte. Auf­grund des Wider­stands sei jedoch im neuen Entwurf diese Regelung beibehal­ten wor­den (E. 6.3.2).
  • Eben­so sei die unter­schiedliche Posi­tion der Behörde zu berück­sichti­gen. Während die Behörde im Bere­ich des öffentlichen Beschaf­fungswe­sens als Kon­sumentin auftrete und von Pri­vatun­ternehmen Leis­tun­gen gegen Ent­gelt beziehe, befinde sie sich bei der Konzes­sionsver­gabe in der Rolle als Anbi­eterin oder Verkäuferin (E. 6.3.3).

Das Bun­des­gericht ging in der Folge auf die Ausle­gung von Art. 2 Abs. 7 BGBM ein. Für die Beurteilung, ob eine Behörde die Anforderun­gen gemäss dieser Bes­tim­mung erfülle, sei nicht nur ein wirtschaftlich­er Ansatz zu ver­fol­gen. Vielmehr beste­he für die Behörde ein viel grösser­er Gestal­tungsraum und das Auss­chrei­bungsver­fahren müsse nicht der­art for­mal­isiert sein wie im Bere­ich des öffentlichen Beschaf­fungsrechts (E. 6.4.2). Entsprechend seien die von der Behörde ver­wen­de­ten sozialen Kri­te­rien nicht zu bean­standen (E. 6.5.2).

Gestützt auf die vorste­hen­den Aus­führun­gen kam das Bun­des­gericht zum Schluss, dass die Vorin­stanz Art. 2 Abs. 7 BGBM falsch angewen­det habe (E. 6.6). Darüber hin­aus habe die Vorin­stanz die Gemein­deau­tonomie ver­let­zt, indem sie ihr eigenes Ermessen über das­jenige der Stadt Lau­sanne gestellt habe, ohne der Stadt einen Ermessens­miss­brauch oder eine Ermessen­süber­schre­itung nachzuweisen. Damit habe sie in unzuläs­siger Weise in die Entschei­dungs­frei­heit der Stadt einge­grif­f­en (E. 7). Das Bun­des­gericht hob deshalb das vorin­stan­zliche Urteil auf und bestätigte den Ver­gabeentscheid der Stadt.