4A_703/2016: Begründung der Kündigung eines Mietvertrags (amtl. Publ.; Präzisierung der Rechtsprechung)

Das Bun­des­gericht nahm dieses Ver­fahren zum Anlass, seine Recht­sprechung zur Begrün­dung bei ordentlichen Kündi­gun­gen von Mietverträ­gen und ins­beson­dere bei Kündi­gun­gen im Hin­blick auf Sanierungs– oder Umbauar­beit­en zu präzisieren. Gegen­stand bildete die von einem Ver­mi­eter aus­ge­sproch­ene, mit anste­hen­den drin­gen­den Sanierungsar­beit­en begrün­dete Kündi­gung. Der Mieter focht diese Kündi­gung an, unter anderem mit der Begrün­dung, sie ver­stosse gegen Treu und Glauben, da deren Begrün­dung unvoll­ständig, unge­nau und unzutr­e­f­fend gewe­sen sei.

Das Bun­des­gericht erin­nerte zunächst daran, dass die ordentliche Kündi­gung eines Mietver­hält­niss­es kein­er Begrün­dung bedürfe, um gültig zu sein, sie jedoch auf Ver­lan­gen zu begrün­den sei. Eine man­gel­nde oder fehler­hafte Begrün­dung führe nicht automa­tisch zur Treuwidrigkeit der Kündi­gung, könne allerd­ings ein Indiz dafür sein, dass an der Kündi­gung kein schützenswertes Inter­esse beste­he. Ins­beson­dere wenn der angegebene Kündi­gungs­grund bloss vorgeschoben und zugle­ich der wahre Grund nicht fest­stell­bar sei, sei ohne weit­eres von ein­er Treuwidrigkeit auszuge­hen. Die Kündi­gungs­gründe kön­nten auch noch im erstin­stan­zlichen Gerichtsver­fahren vorge­bracht wer­den. Selb­st ein späteres Nach­schieben zusät­zlich­er Gründe sei — unter dem Vor­be­halt des Rechtsmiss­brauchsver­bots — zuläs­sig. Sodann sei die Ergänzung oder Präzisierung schon vorge­brachter Gründe ohne weit­eres zuläs­sig (E. 5.3.1, ins­beson­dere mit Ver­weis auf BGE 138 III 59, E. 2.1 und E. 2.3, und BGE 132 III 737, E. 3.4.2). Demge­genüber hielt das Bun­des­gericht — ohne Bezug­nahme auf diese generelle Recht­sprechung — bei Kündi­gun­gen im Hin­blick auf Sanierungs- oder Umbauar­beit­en fest, dass ein Mieter ohne hin­re­ichend genaue Auskün­fte nicht in der Lage sei, den Real­itäts­bezug des Pro­jek­ts und die Belas­tung einzuschätzen, die seine Anwe­sen­heit für die Durch­führung der beab­sichtigten Arbeit­en haben würde (eine Kündi­gung im Hin­blick auf Sanierungs- oder Umbauar­beit­en ver­stösst gemäss Recht­sprechung nicht gegen den Grund­satz von Treu und Glauben, wenn die Weit­er­be­nutzung des Mieto­b­jek­ts diese Arbeit­en erhe­blich ein­schränken wür­den). Der Mieter habe deshalb das Recht, eine Begrün­dung zu erhal­ten, die es ihm erlaube, innert der 30-tägi­gen Frist die Chan­cen ein­er Anfech­tung abzuschätzen (E. 5.3.1, ins­beson­dere mit Ver­weis auf BGE 142 III 91, E. 3.2.1, und BGE 140 III 496, E. 4.2.2). Das Ver­hält­nis zwis­chen diesen Erwä­gun­gen blieb bis­lang ungek­lärt. In der Lehre wurde kon­tro­vers disku­tiert, ob das Bun­des­gericht bei Sanierungs- oder Umbaukündi­gun­gen die Begrün­dung der Kündi­gung zu einem Gültigkeit­ser­forder­nis erhoben hatte.

Das Bun­des­gericht stellte zunächst klar, dass — ent­ge­gen den missver­ständlichen Erwä­gun­gen in BGE 142 III 91 und BGE 140 III 496 — auch eine Kündi­gung im Hin­blick auf Sanierungs- oder Umbauar­beit­en keine Begrün­dung enthal­ten müsse, um gültig zu sein. Die Treuwidrigkeit in den Ver­fahren BGE 142 III 91 und BGE 140 III 496 hätte sich daraus ergeben, dass die Kündi­gun­gen auf Vor­rat und damit ver­früht erfol­gt wären (E. 5.3.3). Allerd­ings komme der Begrün­dung eine erhe­bliche Bedeu­tung zu, auch wenn es sich aus rechtlich­er Sicht bloss um eine Obliegen­heit der kündi­gen­den Partei han­dle. Beson­ders bei Sanierungs- oder Umbaukündi­gun­gen sei es dem Ver­mi­eter, der über ein genü­gend aus­gereiftes Pro­jekt ver­füge, im Zeit­punkt der Kündi­gung ohne weit­eres möglich, die Kündi­gung entsprechend genau zu begrün­den, so dass sich gestützt auf diese Angaben ein Bild machen lasse, ob und inwiefern die Anwe­sen­heit des Mieters diese Arbeit­en tang­ieren würde. Wer­den zur Begrün­dung bloss pauschal Sanierungs- oder Umbauar­beit­en angegeben, könne dies ein Indiz dafür sein, dass an der Kündi­gung kein schützenswertes Inter­esse beste­he (E. 5.3.4). In casu erkan­nte das Bun­des­gericht gestützt auf die Sachver­halts­fest­stel­lung der Vorin­stanz, dass im Kündi­gungszeit­punkt ein Sanierung­spro­jekt bestanden und die Kündi­gung deshalb nicht gegen Treu und Glauben ver­stossen habe (E. 5.3.5).