Im zur Publikation vorgesehenen Entscheid 4A_166/2021 vom 22. September 2021 befasste sich das Bundesgericht mit der Prozesskostenhilfe in der Sportschiedsgerichtsbarkeit.
Der Radrennfahrer A. (Beschwerdeführer) verfügte über eine Lizenz der Union Cycliste Internationale (UCI, Beschwerdegegnerin). Der Beschwerdeführer reichte dem Tribunal Arbitral du Sport (TAS) eine Berufungserklärung gegen den Entscheid des UCI Anti-Doping Tribunal ein. Gleichzeitig ersuchte er um Prozesskostenhilfe. Nach erneuter Prüfung dieses Gesuchs wurde ihm der Beistand eines Pro bono ‑Rechtsvertreters gewährt. Im Schiedsentscheid erklärte sich das Schiedsgericht für zuständig, hiess die erhobene Berufung teilweise gut und reduzierte die gegen den Berufungskläger verhängte Busse; im Übrigen bestätigte das Schiedsgericht den angefochtenen Entscheid und damit die verhängte vierjährige Dopingsperre.
Vor Bundesgericht brachte der Beschwerdeführer vor, er habe die mit der Beschwerdegegnerin abgeschlossene Schiedsvereinbarung zugunsten des TAS wegen Täuschung und Grundlagenirrtums aufgehoben. Er begründete dies mit der Mitteilung der Beschwerdegegnerin, vor dem TAS sei finanzielle Unterstützung erhältlich. Das Bundesgericht verneinte sowohl das Vorliegen einer absichtlichen Täuschung als auch eines Grundlagenirrtums. Der allgemeine Hinweis auf die blosse Möglichkeit, vor dem TAS Prozesskostenhilfe zu erhalten, stelle keine Täuschungshandlung dar. Ebenso wenig qualifiziere der Umstand, dass der Beschwerdeführer bestimmte Erwartungen über den konkreten Umfang der ihm später vor dem TAS gewährten Prozesskostenhilfe hatte, die sich später nicht erfüllten, als Grundlagenirrtum. Ohnehin fehle es am Zusammenhang zwischen der angeblich im verbandsinternen Verfahren hervorgerufenen Fehlvorstellung und dem Abschluss der Schiedsvereinbarung, sei doch die Zustimmung zur Streiterledigung durch das TAS bereits mit dem Abschluss der Lizenz des Beschwerdeführers erfolgt.
Das Bundesgericht bemerkte, dass der Beschwerdeführer sich ausdrücklich nicht darauf berufen habe, es sei ihm im massgebenden Zeitpunkt die Kündigung der Schiedsvereinbarung wegen Fehlens finanzieller Mittel im Hinblick auf die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK) offengestanden. Damit brauche nicht beurteilt zu werden, ob die mit der Beschwerdegegnerin abgeschlossene Schiedsvereinbarung zugunsten des TAS allenfalls wegen fehlender finanzieller Mittel hätte gekündigt werden können. In diesem Zusammenhang erklärte das Bundesgericht, dass die unentgeltliche Rechtspflege in der internen Schiedsgerichtsbarkeit nach Art. 380 ZPO ausgeschlossen sei und es nicht einleuchten würde, inwiefern für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit etwas anderes gelten solle. Der Ausschluss der staatlich gewährten unentgeltlichen Rechtspflege im Schiedsverfahren hindere die Parteien bzw. die betroffene Schiedsinstitution jedoch nicht daran, andere Lösungen vorzusehen, um ein Schiedsverfahren trotz Mittellosigkeit einer Partei zu ermöglichen, z.B. indem die Schiedsinstitution die Finanzierung des Schiedsverfahrens übernimmt, die Institution oder das Schiedsgericht auf das Honorar verzichten oder indem die Gegenpartei die Kosten der mittellosen Verfahrenspartei ganz oder zum Teil finanziert. Damit würde der von der herrschenden Lehrmeinung zur Gewährleistung der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK) befürwortete Ausweg ausser Betracht fallen, die Schiedsvereinbarung aus wichtigem Grund zu kündigen und die Streitsache verbunden mit dem Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege vor ein staatliches Gericht zu bringen. Stelle demnach eine Schiedsinstitution Prozesskostenhilfe für bedürftige Schiedsparteien bereit, stehe dies einer Auflösung der Schiedsvereinbarung wegen fehlender finanzieller Mittel entgegen.
Mit Blick auf den vorliegenden Fall verwies das Bundesgericht auf die Richtlinien über die Prozesskostenhilfe für die Sportschiedsgerichtsbarkeit vor dem TAS. Aufgrund dieser Regelung stünde auch einer mittellosen Person grundsätzlich der Weg an das TAS offen.
Der Kritik des Beschwerdeführers an den Richtlinien (insbesondere die eingeschränkte Wahl und die fehlende Entschädigung des Pro bono ‑Rechtsvertreters sowie von beigezogenen Experten) hielt das Bundesgericht entgegen, die vorgesehene Prozesskostenhilfe brauche nicht derjenigen einer bestimmten staatlichen Ordnung (wie etwa der Schweizerischen Zivilprozessordnung) zu entsprechen. Die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK) erfordere keine freie Wahl des Rechtsvertreters bzw. dessen Entschädigung. Ebenso wenig könne davon gesprochen werden, der Zugang zum Schiedsgericht sei von vornherein verschlossen, wenn die anwendbaren Regeln zur Prozesskostenhilfe keine Beträge für die Erstellung privater Gutachten vorsehen würden.
Der Beschwerdeführer warf dem Schiedsgericht auch vor, die ihm gewährte Prozesskostenhilfe sei unzureichend gewesen, was den Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien und den Gehörsanspruch verletzt habe (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG).
Der Kritik an der eingeschränkten Wahlmöglichkeit des Pro bono ‑Rechtsvertreters und dessen Entschädigung hielt das Bundesgericht entgegen, dass der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt habe, inwiefern sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör oder dem Gleichbehandlungsgebot ein Anspruch auf freie Wahl eines Rechtsvertreters bzw. dessen Entschädigung ergeben würde. Die von ihm beanstandeten fehlenden monetären Anreize würden nichts daran ändern, dass der Pro bono ‑Anwalt gegenüber seinem Klienten vertraglich zur sorgfältigen Mandatsführung verpflichtet sei.
Auch mit der Kritik an der Finanzierung von Sachverständigengutachten habe der Beschwerdeführer keine konkrete Verletzung des Gleichbehandlungs- und Gehörsanspruchs aufzuzeigen vermocht. Er habe im Verfahren vor dem TAS ein Gutachten eingereicht und Experten seien anlässlich der mündlichen Verhandlung einvernommen worden. Damit wurde ihm ermöglicht, seinen Standpunkt in das Verfahren einzubringen. Weder aus dem Gehörsanspruch noch aus dem Gleichbehandlungsgebot liesse sich ein Recht auf Übernahme der Kosten für die Beauftragung von wissenschaftlichen Experten in der gleichen Anzahl wie die Gegenpartei ableiten. Die Wahrung der nach Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG geschützten Verfahrensgarantien setze nicht etwa voraus, dass die sich gegenüberstehenden Verfahrensparteien über gleich grosse Ressourcen für die Prozessführung verfügen würden. Verlangt werde vielmehr eine verfahrensrechtliche Gleichbehandlung in dem Sinne, dass jeder Partei die gleiche Möglichkeit eingeräumt werde, im Schiedsverfahren ihren Standpunkt zu vertreten. Die Beschwerde wurde dementsprechend abgewiesen.