Im zur amtlichen Publikation vorgesehenen Urteil 5A_987/2023 vom 7. August 2024 äussert sich das Bundesgericht zur Dauer des nachehelichen Unterhaltsanspruchs bei Ehegatten, die im Zeitpunkt der Scheidung bereits das Pensionsalter erreicht haben.
Der Fall betrifft Ehegatten mit Jahrgängen 1941 und 1947, die während fast 50 Jahren ehelich zusammenlebten. Es handelte sich um eine sogenannte Hausgattenehe, bei welcher die Ehefrau ihre Arbeitstätigkeit zugunsten der Besorgung des Haushalts und der Betreuung der gemeinsamen Kinder aufgegeben hatte. Die Lebensprägung der Ehe war vor diesem Hintergrund vor Bundesgericht unbestritten.
Strittig war die Frage, ob nach dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters durch den Ehemann noch Raum für die Festsetzung von nachehelichem Unterhalt besteht, was die Vorinstanz bejahte. Sie verpflichtete den Ehemann zu einem lebenslangen monatlichen Unterhaltsbeitrag von rund Fr. 445.–.
Das Bundesgericht erwog, die Rechtsprechung, wonach die Pflicht zur Leistung nachehelichen Unterhaltes im Grundsatz allerlängstens bis zum ordentlichen Pensionierungsalter des Unterhaltspflichtigen dauere, sei vorliegend nicht einschlägig. Diese betreffe Konstellationen, in denen die Parteien das Rentenalter noch nicht erreicht hätten. Sie werde damit begründet, dass mit dem Eintritt ins Rentenalter die Leistungsfähigkeit der unterhaltspflichtigen Partei regelmässig sinke, mithin auch der gemeinsame Lebensstandard gesunken wäre, und gleichzeitig — jedenfalls bei langjährigen Ehen — aufgrund der Anrechnung der Beitragsjahre bei der AHV, der hälftigen Teilung der Austrittsleistungen und des gegebenenfalls sich anschliessenden Vorsorgeunterhaltes beide Ehegatten rentenmässig ähnlich gestellt sein hätten.
Vorliegend gehe es hingegen darum, dass die Parteien mit Jahrgängen 1941 und 1947 längst im Rentenalter seien und sich bereits das eheliche Zusammenleben bis ins Pensionsalter hinein erstrecke habe, weshalb die der zitierten Rechtsprechung zugrundeliegenden Überlegungen nicht greifen können. Vielmehr habe die Lebensprägung auch bei erst im Rentenalter geschiedenen Ehegatten zur Folge, dass ein Anspruch auf Fortsetzung des zuletzt gemeinsam gelebten Standards bestehe. Zwar gelte bei einer Scheidung im Pensionsalter gleichermassen der Grundsatz, dass es keinen Anspruch auf lebenslange finanzielle Gleichstellung gebe und der nacheheliche Unterhalt zeitlich angemessen zu begrenzen sei, aber nach fast 50-jährigem ehelichem Zusammenleben mit klassischer Rollenteilung und gemeinsamen Kindern liesse sich vor dem Hintergrund des sehr fortgeschrittenen Alters der Parteien von 83 und 77 Jahren eine Befristung der Unterhaltspflicht nicht rechtfertigen. Insofern dauere die Unterhaltspflicht vorliegend bis zum Ableben eines der Ehegatten.