Im Urteil 4A_102/2024 vom 1. Oktober 2024 beurteilte das Bundesgericht den geltend gemachten Anspruch eines pensionierten Arbeitnehmers (Beschwerdegegner) auf einen von der Arbeitgeberin (Beschwerdeführerin) entrichteten Teuerungsausgleich.
Der Beschwerdegegner war rund 20 Jahre bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung Ende April 2010 bei der Beschwerdeführerin angestellt. Nebst der Altersrente erhielt er von Mai 2010 bis April 2011 eine Überbrückungsrente sowie ab Januar 2011 monatlich eine variable Teuerungszulage (abhängig von der jährlichen Teuerung) und einen Sonderteuerungsausgleich. Die Teuerungszulagen beliefen sich bis Ende 2014 jeweils auf monatlich CHF 71.45. Mit einem Schreiben teilte die Beschwerdeführerin den Rentnern im September 2014 mit, sie werde die freiwillige Rententeuerung inklusive dem Sonderteuerungsausgleich ab Januar 2015 ersatzlos streichen, woraufhin der Beschwerdegegner Klage erhob.
Das erstinstanzliche Gericht hiess die Klage gut und das zweitinstanzliche Gericht bestätigte dieses Urteil. Vor Bundesgericht war die bundesrechtswidrige Auslegung des folgenden Schreibens der Arbeitgeberin vom Januar 2011 an die Rentner strittig (E. 3 f.):
“[Die Beschwerdeführerin] entscheidet jährlich und ohne Präjudiz für die Zukunft über die Anpassung der Rentenbezüge an die Teuerung. Berücksichtigt werden dabei neben der Wirtschaftslage die finanzielle Situation der Unternehmung, allfällige Leistungsverbesserungen der PKE und die Entwicklung der Teuerung. Für das Jahr 2011 hat [die Beschwerdeführerin] beschlossen, die Bezüge der Rentnerinnen und Rentner ab dem 1. Januar 2011 um 0.5 % zu erhöhen. Wir weisen darauf hin, dass es sich dabei um eine freiwillige Leistung handelt und daraus keine Ansprüche für die Zukunft abgeleitet werden können.”
Die Vorinstanz hielt zur Begründung fest, der Beschwerdegegner habe für das Jahr 2011 nebst seiner Rente einen Sonderteuerungsausgleich erhalten. In den Folgejahren habe die Beschwerdeführerin zwar auf eine Erhöhung verzichtet, dennoch habe sie ihm während drei weiteren Jahren den gleichen Betrag aus Teuerungszulage ausbezahlt. Daher sei dem erstinstanzlichen Gericht beizupflichten, dass sich im vorgenannten Schreiben das Wort “dabei” auf die Erhöhung der Teuerungszulage und nicht auf die Ausrichtung als solches beziehe. Daran ändere auch die leere Floskel “jährlich und ohne Präjudiz für die Zukunft” nichts. In einem früheren Schreiben hätte die Beschwerdeführerin noch festgehalten, die Teuerungszulage stelle eine freiwillige Leistung der Unternehmung dar. Die Änderung der Formulierung ab 1996 zeige, dass die Beschwerdeführerin ab 1996 den Freiwilligkeitsvorbehalt nur noch auf die Erhöhung der Teuerungszulage bezogen habe (E. 4.1).
Die Beschwerdeführerin rügte vor Bundesgericht in verschiedener Weise die Auslegung des vorgenannten Schreibens. Einerseits habe die sie dem Beschwerdegegener damit nur eine Zahlung für das Jahr 2011 zugesichert. Aus dem Wortlaut könne nicht auf einen lebenslangen Zahlungswillen geschlossen werden und genauso wenig aus dem Umstand der Leistung der Zahlungen in den drei auf das Schreiben folgenden Jahren. Die Vorinstanz habe sodann zu Unrecht die früheren Schreiben berücksichtigt und hätte sich auch nicht auf ein Gutachten von 1988 abstützen dürfen, da dieses nicht von der Beschwerdeführerin selbst stamme (m.w. Ausführungen E. 4.2).
Im Zusammenhang mit dem Thema der Doppelbegründung prüfte das Bundesgericht, ob die Beschwerdeführerin ihrer Rügepflicht nachgekommen sei, bejaht dies jedoch (E. 4.4).
In der Sache selbst erwog das Bundesgericht, dass sich in Auslegung nach dem Vertrauensprinzip aus dem Wortlaut des Schreibens ergebe, dass die Beschwerdeführerin “jährlich und ohne Präjudiz für die Zukunft über die Anpassung der Rentenbezüge an die Teuerung” entscheide. Daraus ergebe sich, dass sich der angebrachte Freiwilligkeitsvorbehalt nicht nur auf die Erhöhung, sondern auch auf die Ausrichtung der Teuerungszulage als solches beziehe. Denn gerade mit der Ausrichtung der Teuerungszulage (und nicht nur deren Erhöhung) erfolge eine Anpassung der Rentenbezüge an die Teuerung. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz handle es sich dabei auch nicht um eine “leere Floskel”. Weiter erwog das Bundesgericht (E. 4.5.1):
So lässt allein der Umstand, dass dem Beschwerdegegner während vier Jahren eine Teuerungszulage ausgerichtet wurde, diesen Vorbehalt nicht zur leeren Floskel verkommen. Zwar hat das Bundesgericht im Zusammenhang mit Gratifikationen unter bestimmten Umständen angenommen, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt zu einer Leerformel verkommen kann. Dies aber nur dann, wenn die Gratifikation während mindestens zehn Jahren an den betreffenden Arbeitnehmer ausgerichtet wurde […]. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Ohnehin lässt sich diese Rechtsprechung zur Gratifikation nicht ohne weiteres auf die vorliegende Konstellation der Ausrichtung einer Teuerungszulage durch den Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses übertragen.
Das Schreiben, so das Bundesgericht, enthalte sodann einen zweiten Freiwilligkeitsvorbehalt mit dem Hinweis, dass es sich dabei um eine freiwillige Leistung handle und daraus keine Ansprüche für die Zukunft abgeleitet werden könnten. Zwar sei bei diesem zweiten Vorbehalt tatsächlich nicht klar, ob er sich nur auf die Erhöhung oder auch auf die Ausrichtung der Teuerungszulage als solches beziehe, worauf es jedoch nicht ankomme, da sich der erste Vorbehalt eindeutig auch auf die Ausrichtung beziehe. Genau dieser Vorbehalt sei auch in den späteren Schreiben in den Jahren 2012 bis 2014 wiederholt und damit erneuert worden (E. 4.5.1).
Entgegen der Vorinstanz liessen auch die übrigen Umstände keinen vom klaren Wortlaut des Schreibens abweichenden Schluss zu, so das Bundesgericht. So dürften für die Auslegung des Schreibens auch keine Umstände berücksichtigt werden, die dem Erklärungsempfänger zum Zeitpunkt der Erklärung nicht bekannt gewesen seien. Vorliegend betreffe dies namentlich die Schreiben der Beschwerdeführerin aus den 1990er Jahren, das Gutachten von 1988 sowie die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin von 1993 bis 2014 durchwegs Teuerungszulagen entrichtet habe, zumal der Beschwerdegegner erstmals 2011 eine solche erhalten habe (E. 4.5.2). Auch das nachträgliche Verhalten der Parteien sei für die objektivierte Auslegung des Schreibens unbeachtlich, weshalb auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner in den Jahren 2012 bis 2014 eine Teuerungszulage ausgerichtet habe, nicht berücksichtigt werden könne (E. 4.5.3).
Die fraglichen Schreiben hätten in guten Treuen nur so verstanden werden können, dass sich die Beschwerdeführerin lediglich zur Ausrichtung der Teuerungszulage für das jeweilige Jahr verpflichte habe. Ein darüber hinausgehender Wille zur Zahlungsverpflichtung sei nicht erkennbar, weshalb die Beschwerdeführerin auch berechtigt war, die Ausrichtung der Teuerungszulage per Ende 2014 einzustellen. Aufgrund des ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalts ändere daran auch der Umstand nichts, dass ein ein Ruhegehaltsversprechen auch formlos möglich sei. Die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang könne zudem nicht ohne weiteres auf die vorliegende Konstellation übertragen werden, da hier die Ausrichtung der Teuerungszulage nicht während der Dauer des Arbeitsverhältnisses, sondern erst nach dessen Beendigung vereinbart worden sei (E. 4.5.4).
Demnach sei die Vorinstanz zu Unrecht von einer lebenslangen Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin ausgegangen. Gestützt darauf kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass sich die Beschwerde als begründet erwies und gutzuheissen ist (E. 4.5.4 f.).