Nach einer Kündigung schlug der Arbeitnehmer (AN) alle Abfindungsangebote aus und machte geltend, er sei aus persönlichen und aus antisemitischen Gründen entlassen worden. Er forderte eine höhere Anfindung und eine Rente und drohte, die Arbeitgeberin anzuschwärzen. Späer akzeptierte der AN eine Abfindung von CHF 90’000. Als die Arbeitgeberin (AG), eine Tochter eines US-Konzerns, die Unterzeichnung einer Erklärung verlangte, dass keine Ansprüche wegen angeblicher Diskriminierung, und insbesondere nicht gestützt auf den Age Discrimination and Employment Act nach US-Recht, erhoben würden, wandte der AN ein, er habe die Offerte angenommen und sei zu keinen weiteren Leistungen verpflichtet. In der Folge leitete er die Betreibung gegen die AG ein. Im Verfahren der Aberkennungsklage war strittig, ob eine gültige Einigung über die Abfindung zustandegekommen sei.
Es stand fest, dass der AN die Offerte nicht abgelehnt hatte. Unklar war aber, ob der amerikanische Anwalt des AN die Offerte bei Verhandlungen mit dem Head of HR des Konzerns der AG abgelehnt hatte. Das BGer hält fest, dass das Schreiben des Anwalts, in welchem er den Konzern dringend ersucht, im eigenen Interesse auf die (höhere) Minimalforderung des AN einzugehen, nach Treu und Glauben nicht als Ablehnung der Offerte verstanden werden kann:
“Allein die Qualifikation der Erwartungen des Beklagten als “minimal” berechtigt nicht zu einem gegenteiligen Schluss, zumal unter Umständen auch Vergleiche akzeptiert werden, die den eigenen Mindestvorstellungen nicht genügen. Da die normative Auslegung von Willenserklärungen anhand der Umstände, und damit nach dem gesamten Zusammenhang, in dem sie stehen, vorzunehmen ist, darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Rechtsvertreter des Beklagten im Absatz zuvor klar zum Ausdruck brachte, dass seine Stellungnahme nicht abschliessend sein konnte. Darüber hinaus stellte er klar, dass er den Wunsch des Beklagten nach einer gütlichen Einigung im Anschluss an das Telefongespräch zwischen D. [dem Head HR] und dem Beklagten [AN] erneut bekräftigen wolle. Hat der Rechtsvertreter des Beklagten aber dergestalt den vorläufigen und auf Einigung abzielenden Charakter des Schreibens hervorgehoben, kann mit Blick auf ein einziges Wort (“minimal”) nach Treu und Glauben nicht von einer eindeutigen Ablehnung des Angebots ausgegangen werden. Nicht aus jeder Rückfrage an den Offerenten und aus jedem Versuch, diesen während der Frist zu einem besseren Angebot zu bewegen, kann ohne weiteres auf eine Ablehnung der Offerte geschlossen werden, wenn — wie hier — Vertragsverhandlungen erst im Anschluss an ein Angebot aufgenommen werden.”