Immaterieller Kulturschutz

Der Bun­desrat legt den Entwurf zur Genehmi­gung des UNESCO-Übereinkom­mens zur Bewahrung des imma­teriellen Kul­turerbes vom 17. Okto­ber 2003 vor (vgl. > Botschaft).

Der Schutzge­gen­stand — imma­terielles Kul­turerbe — wird vom Abkom­men (Art. 2) fol­gen­der­massen umschrieben:

[…] die Prak­tiken, Dar­bi­etun­gen, Aus­druck­sweisen, Ken­nt­nisse und Fähigkeit­en – sowie die damit ver­bun­de­nen Instru­mente, Objek­te, Arte­fak­te und Kul­tur­räume – […], die Gemein­schaften, Grup­pen und gegebe­nen­falls Indi­viduen als Bestandteil ihres Kul­turerbes ansehen.

Und was bedeutet das etwas konkreter? Art. 2 Ziff. 2:

Das «imma­terielle Kul­turerbe», so wie es in Absatz 1 oben definiert ist, man­i­festiert sich unter anderem in fol­gen­den Bere­ichen:
a) mündlich über­lieferte Tra­di­tio­nen und Aus­druck­sweisen, ein­schliesslich der Sprache als Träger imma­teriellen Kul­turerbes;
b) darstel­lende Kün­ste;
c) gesellschaftliche Prak­tiken, Rit­uale und Feste;
d) Wis­sen und Prak­tiken im Umgang mit der Natur und dem Uni­ver­sum;
e) Fach­wis­sen über tra­di­tionelle Handwerkstechniken.”

Das Abkom­men dient der Bewahrung dieser Fer­tigkeit­en, wobei “Bewahrung” fol­gen­des ist:

Unter «Bewahrung» sind Mass­nah­men zu ver­ste­hen, die auf die Sicherung der Lebens­fähigkeit des imma­teriellen Kul­turerbes gerichtet sind, ein­schliesslich der Iden­ti­fizierung, der Doku­men­ta­tion, der Erforschung, der Erhal­tung, des Schutzes, der Förderung, der Aufw­er­tung, der Weit­er­gabe, ins­beson­dere durch for­male und informelle Bil­dung, sowie der Neubele­bung der ver­schiede­nen Aspek­te dieses Erbes.”

Um dieser Ziel zu erre­ichen, wid­met sich das Abkom­men vornehm­lich der Bil­dung eines Komi­tees, dessen Auf­gaben in Art. 7 umschrieben wer­den. Die Rolle der Ver­tragsstaat­en ist Gegen­stand von Art. 11 und beste­ht u.a. darin, die erforder­lichen Mass­nah­men zu ergreifen.

Das Abkom­men ver­wen­det Begriffe wie “Sen­si­bil­isierung­spro­gramm” (eine der für die Ver­tragsstaat­en vorge­se­hene Mass­nahme) oder “Auseinan­der­set­zung mit der Umwelt”, “Inter­ak­tion mit Natur und Geschichte” (als Quelle imma­teriellen Kul­turerbes) — man fragt sich, ob das Abkom­men die Sprache tat­säch­lich als Bestandteil men­schlich­er Kul­tur betra­chtet (dem Wort­laut nach nicht: Die Sprache wird nur als “Träger” des Kul­turerbes erwäh­nt)… Der Bun­desrat glaubt jeden­falls, dass das (wohl nur von neueren Zeit­en) “unter­schätzte” Kul­turerbe durch das Abkom­men die notwendi­ge “Aufw­er­tung” erhalte. Der logis­che Wider­spruch, etwas, was ange­blich oder tat­säch­lich dauernd neu geschaf­fen wird — u.a. durch die Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte — als “Erbe” zu beze­ich­nen, stört offen­bar nicht.