6B_316/2009: Betrug, Täuschungshandlung und Vermögensschaden

X bestellte im Inter­net vier Dosen „Body­pow­er-Tablet­ten“. Daraus stellte er unter Beiga­be von Cal­ci­um und Wass­er ca. 1 bis 1,5 kg ange­blich­es Speed her. Aus dem Rest des gle­ichen Pro­duk­ts pro­duzierte er 200–300 ange­bliche Ecsta­sy-Pillen. Er schliff dabei die einzel­nen Tablet­ten ab, färbte sie teil­weise mit Lebens­mit­tel­farbe ein und brachte darauf ein Mit­subishi-Zeichen an. Er wusste, dass seine Käufer die Pro­duk­te nicht sel­ber kon­sum­ierten, son­dern diese ohne Prü­fung weiterverkauften.

Das Bun­des­gericht sah mit Urteil vom 21. Juli 2009 (6B_316/2009) in diesem Ver­hal­ten eine Täuschung­shand­lung und bestätigte den Schuld­spruch wegen mehrfachen Betrugs gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB:

2.4 Eine Täuschung­shand­lung kann durch explizite oder implizite Erk­lärung erfol­gen, wobei kon­klu­dente Täuschun­gen zum Kern­bere­ich falsch­er Tat­sachen­be­haup­tun­gen — im Sinne des “Vor­spiegelns” gehören […]. Das Ver­schweigen ein­er für das betr­e­f­fende Pro­dukt rel­e­van­ten Tat­sache – vor­liegend die fehlen­den Inhaltsstoffe Amphet­a­min bzw. Ecsta­sy – stellt eben­falls eine Vor­spiegelung, d.h. Täuschung durch ein Tun dar: Wer etwa mit Falschgeld bezahlt, unter­drückt nicht die Fälschung, son­dern täuscht Echtheit vor […]. Der Beschw­erde­führer gab im Laufe der Ermit­tlun­gen […] wieder­holt zu, dass er seinen Kun­den Speed und Ecsta­sy verkaufte. Die Fest­stel­lung der Vorin­stanz, dass der Beschw­erde­führer durch das (unbe­strit­tene) Verkaufen von Speed bzw. Ecsta­sy-Pillen seinen Abnehmern erk­lärt habe, dadurch die Betäubungsmit­tel Amphet­a­min und Ecsta­sy zu erwer­ben […], ist vor diesem Hin­ter­grund nicht zu beanstanden.

Darüber hin­aus bejahte das Gericht in diesem Fall auch einen Vermögensschaden: 

3.2 […] Ein Ver­mö­genss­chaden liegt bei wirtschaftlich­er Betra­ch­tungsweise vor, wenn das Ver­mö­gen des Täuschung­sopfers nach Vor­nahme der irrtums­be­d­ingten Ver­mö­gensver­fü­gung in seinem Gesamtwert tat­säch­lich ver­min­dert ist (Ver­min­derung der Aktiv­en, Ver­mehrung der Pas­siv­en). Das ist auch der Fall, wenn das Ver­mö­gen in einem Masse gefährdet wird, dass es in seinem wirtschaftlichen Wert ver­min­dert ist, d.h. wenn der Gefährdung im Rah­men ein­er sorgfälti­gen Bilanzierung durch Wert­berich­ti­gung oder Rück­stel­lung Rech­nung getra­gen wer­den muss. Bei gegen­seit­igem Leis­tungsaus­tausch ist dies der Fall, wenn die eigene Leis­tung des Betrof­fe­nen durch die erwor­bene Gegen­leis­tung nicht aus­geglichen wird. Bei objek­tiv­er Gle­ich­w­er­tigkeit von Leis­tung und Gegen­leis­tung liegt ein Schaden vor, wenn die Gegen­leis­tung den indi­vidu­ellen Bedürfnis­sen des Getäuscht­en nicht entspricht und für seine Zwecke unbrauch­bar ist (Urteil des Bun­des­gerichts vom 7. Juni 2006 6P.133/2005 E. 15.3.3 mit Hin­weisen). Selb­st wenn man den Wert des vom Beschw­erde­führer hergestell­ten Speed und der Ecsta­sy-Pillen danach bes­tim­men würde, welchen Preis die Abnehmer im konkreten Fall bei Ken­nt­nis der wahren Beschaf­fen­heit dieser Sachen zu zahlen bere­it gewe­sen wären, ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschw­erde­führer hier­aus etwas zu seinen Gun­sten ableit­en kön­nte. Er legt nicht dar, ob seine Kun­den tat­säch­lich einen über den Mate­ri­alkosten liegen­den Preis zu zahlen bere­it gewe­sen wären, hät­ten sie um die wahre Beschaf­fen­heit des von ihm hergestell­ten Speed und der Ecsta­sy-Pillen gewusst. Real­is­tis­cher­weise ist davon nicht auszuge­hen. Die Vorin­stanz hat somit zu Recht die Mate­ri­alkosten als objek­tiv­en Waren­wert bezeichnet.