4A_194/2010: Medienfreiheit umfasst Zugang zu Strafanstalten; Ausdehnung der Informationsfreiheit (amtl. Publ.)

Das BGer hält fest, dass einem Jour­nal­is­ten der Zugang zur Strafanstalt Pöschwies zu einem Inter­view mit einem Häftling nicht ver­weigert wer­den durfte (vgl. dazu .fel in der NZZ). Diese Recherchetätigkeit fällt in den Schutzbere­ich der Medi­en­frei­heit; eine Ein­schränkung set­zt u.a. eine entsprechende geset­zliche Grund­lage voraus. Das BGer weist die Sache deshalb an die Vorin­stanz, das VGer ZH, zurück:

Geschützt ist die Recherchetätigkeit der Jour­nal­is­ten zur Her­stel­lung von Medi­enerzeug­nis­sen und zu deren Ver­bre­itung in der Öffentlichkeit. (…) Zugle­ich leis­ten die Medi­en einen wesentlichen Beitrag zur Kon­trolle behördlich­er Tätigkeit­en. Um ihre Kon­troll­funk­tion wirk­sam ausüben zu kön­nen, sind die Medi­en auf möglichst unge­hin­derten Zugang zu Infor­ma­tio­nen angewiesen (…).
Vom Schutz der Medi­en­frei­heit erfasst wird dabei grund­sät­zlich jegliche Form der jour­nal­is­tis­chen Infor­ma­tions­beschaf­fung, unab­hängig davon, ob die Infor­ma­tio­nen all­ge­mein zugänglich sind oder nicht (…) und ob der Beitrag legit­ime Infor­ma­tion­sin­ter­essen ver­fol­gt oder nicht. Selb­st Beiträge, welche lediglich der Unter­hal­tung, Sen­sa­tion­s­gi­er oder Effek­thascherei dienen, fall­en in den grun­drechtlichen Schutzbere­ich  (…). Die Durch­führung eines Fernse­hin­ter­views in ein­er Strafanstalt fällt fol­glich unab­hängig vom konkreten Inhalt des Beitrags in den Schutzbere­ich der Medienfreiheit (…).

 Obiter stellt das BGer in Aus­sicht, die mit dem Urteil 1P.772/2005 begrün­dete Recht­sprechung nicht fortzuführen:

Gefordert wird die Anerken­nung eines erweit­erten Schutzbere­ichs der Infor­ma­tions­frei­heit. Die Beschränkung auf all­ge­mein zugängliche Quellen erscheine unbe­friedi­gend und heute kaum mehr gerechtfertigt (…).”