In einem Bericht des Schweizer Fernsehens im Format “10 vor 10” wurde die FDP als mit der Pharmalobby verbandelt dargestellt. Die Unabhängige Beschwerdekommission für Radio und Fernsehen (UBI) hatte auf Beschwerde der FDP festgestellt, das Sachgerechtigkeitsgebot sei verletzt worden.
Vor BGer war zunächst strittig, ob das Verfahren vor der UBI rechtsstaatlichen Anforderungen genügt. Nach der Praxis der UBI gilt, dass
“die UBI beschlussfähig ist, wenn mindestens sechs Mitglieder anwesend sind; entschieden wird mit dem einfachen Mehr der anwesenden Mitglieder (Abs. 1), wobei Stimmzwang herrscht (Abs. 2). Bei Stimmengleichheit steht dem Präsidenten der Stichentscheid zu (Abs. 1 in fine)”. Falls ein Mitglied im Ausstand sei, würden die Parteien im Vorfeld des Entscheids hierüber informiert; andere Abwesenheitsgründe seien selten, da die Daten der Sitzungen jeweils im Einverständnis mit allen Mitgliedern festgelegt würden. Da somit grundsätzlich immer alle UBI-Mitglieder an den Beratungen teilnähmen, habe der Präsident praktisch keine Möglichkeit, die Zusammensetzung des Spruchkörpers zu beeinflussen.”
Die SRG hatte eingewandt, das Verfahren vor der UBI genüge den Anforderungen von BV 30 und BV 29 nicht. Das BGer hält dagegen fest, dass diese Regelung “[…] verfassungskonform ausgelegt werden [kann] und die von der UBI gehandhabte Praxis zu Art. 12 ihres Geschäftsreglements […] weder Art. 30 noch Art. 29 BV [verletzt]”.
In der Sache fasst das BGer seine Rechtsprechung zum Sachgerechtigkeitsgebot von RTVG 4 II zusammen und legt dieses konventionskonform — nämlich mit Blick auf EMRK 10 — aus:
“Besonders strenge Anforderungen an eine allfällige Beschränkung der Medienfreiheit gelten im Bereich des politischen Diskurses und bei Fragen von allgemeinem Interesse […]. Das Bedürfnis, die Medienfreiheit zu beschränken, muss in diesem Zusammenhang bei privaten Veranstaltern jeweils besonders begründet erscheinen […]. Zwar rechtfertigen sich bei öffentlich-rechtlich konzessionierten Veranstaltern wegen deren besonderen Rolle und Aufgabe im öffentlichen Meinungsbildungsprozess diesbezüglich andere Massstäbe […]; diese dürfen im Einzelfall zur Wahrung der Programmautonomie aber nicht über das zum Schutz der Informations- und Meinungsäusserungsfreiheit und des Meinungspluralismus in einem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat Erforderliche hinausgehen.”
In Bezug auf den strittigen TV-Beitrag kam das BGer zum Ergebnis, dass der Beitrag zwar in einzelnen Punkten allenfalls besser hätte gestaltet werden können. Dies genüge jedoch nicht für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten durch die UBI. Die Beschwerde der SRG SSR idée suisse war daher gutzuheissen.