2C_321/2013: Sachgerechtigkeitsgebot: andere Kriterien für Diskussions- als für redaktionelle Sendungen (amtl. Publ.)

Das hat in einem zur amtl. Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil den Entscheid der UBI ver­wor­fen, wonach die Are­na-Sendung zur Ini­tia­tive für ein bedin­gungslos­es Grun­deinkom­men das Sachgerechtigkeits­ge­bot von BV 93 II und RTVG 4 II, das im Licht der Pro­gram­mau­tonomie von BV 93 III und der Mei­n­ungsäusserungs­frei­heit von EMRK 10 auszule­gen ist, ver­let­zt habe. Die UBI hat­te die Ver­let­zung damit begrün­det, dass Frauen in der Are­na-Diskus­sion in der Min­der­heit gewe­sen seien und die Diskus­sion die Auswirkungen
der Ini­tia­tive auf Per­so­n­en ohne Erwerb­stätigkeit, also vor allem Frauen, aus­geklam­mert habe. Auch Auswirkun­gen auf Per­so­n­en, die
unent­geltlich “viel wertvolle Arbeit” leis­teten, sei nicht disku­tiert wor­den, obwohl es sich dabei nicht um einen Neben­punkt handle.

Das BGer betont den Unter­schied zwis­chen redak­tionellen Inhal­ten und etwa Diskus­sion­ssendun­gen. Die UBI hat­te ihren Entscheid auf die Kri­te­rien nach dem Botox-Fall (2C_1246/2012) gestützt (vgl. unsere Zusam­men­fas­sung). Diese sind aber, so das BGer, auf Infor­ma­tion­ssendun­gen mit redak­tionell aufgear­beit­etem Inhalt zugeschnit­ten. Bei Diskus­sion­ssendun­gen “dür­fen und sollen” “[d]ie einzel­nen vertrete­nen Posi­tio­nen und Mei­n­un­gen auch ein­seit­ig sein”:

Die Sachgerechtigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 RTVG kann nicht von den Voten, die die einzel­nen Diskus­sion­steil­nehmer abgeben, ver­langt wer­den. Sie muss sich darin äussern, dass für das Pub­likum aus der Sendung ins­ge­samt in nicht manip­u­la­tiv­er Weise erkennbar ist, welch­es die ver­schiede­nen zum The­ma vertrete­nen Mei­n­un­gen sind; das Sachgerechtigkeits­ge­bot ist aber nicht schon dann ver­let­zt, wenn in der Diskus­sion gewisse Aspek­te, die mit dem behan­del­ten The­ma zusam­men­hän­gen, nicht erwäh­nt wer­den […]. Die Mod­er­a­tion kann und soll nicht den Diskus­sion­steil­nehmern vorschreiben, was sie zu äussern haben. […]. 

Die Ein­seit­igkeit darf zudem umso gröss­er sein, je kom­plex­er die Materie pro Zeit­ein­heit ist:

Zu berück­sichti­gen sind auch Umfang und Kom­plex­ität ein­er Materie in
Rela­tion zu der Dauer der Sendung. Die UBI stellt sel­ber fest, bei der
disku­tierten Volksini­tia­tive han­dle es sich um eine kom­plexe Initiative,
welche bei ein­er Annahme in viel­er­lei Hin­sicht grundle­gende Änderungen
mit sich brin­gen würde und weitre­ichende Auswirkun­gen auf die
öffentliche Hand, die Unternehmen sowie die ganze Bevölkerung hätte. Es
liegt auf der Hand, dass in ein­er Sendung von rund fünf Viertelstunden
nicht alle Aspek­te, die mit einem solchen The­ma ver­bun­den sind,
behan­delt oder gar ver­tieft wer­den können