5A_803/2010: Forderung unbezahlter Unterhaltsbeiträge nach Scheidungsurteil

Das Bun­des­gericht hat sich im Urteil vom 3. Dezem­ber 2010 (5A_803/2010) mit der Frage auseinan­dege­set­zt, ob Unter­halts­beiträge, die in einem Eheschutzver­fahren zuge­sprochen und in der Folge nicht bezahlt wor­den sind, nach einem recht­skräfti­gen Schei­dung­surteil, worin fest­ge­hal­ten wird, dass die Parteien güter­rechtlich auseinan­derge­set­zt seien, noch einge­fordert wer­den dür­fen. Die entsprechend for­mulierte Beschw­erde wurde abgewiesen.

In E. 3.2.1 ver­weist das Bun­des­gericht auf Art. 205 Abs. 3 ZGB, wonach bei Auflö­sung des Güter­standes die gegen­seit­i­gen Schulden der Ehe­gat­ten zu regeln sind. Unter diese Bes­tim­mung fall­en alle Schulden ohne Rück­sicht auf ihren Rechts­grund, ins­beson­dere auch Schulden aus Unter­halt­sanspruch (Art. 163–164 ZGB). Im Eheschutzver­fahren (Art. 176 ZGB; Urteil 5P.6/2004 vom 12. März 2004 E. 3.1), im Schei­dungsver­fahren (Art. 111 ff. ZGB) und bei gerichtlich­er Tren­nung (Art. 117 ZGB und Art. 118 ZGB) bildet Art. 163 ZGB die Grund­lage für die Fes­tle­gung der Unter­halts­beiträge dar (BGE 119 II 314 E. 4b/aa S. 318). Unbezahlt gebliebene Unter­halt­sleis­tun­gen sind daher “gegen­seit­ige Schulden” im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB. Als solche müssen sie bei der Auflö­sung des Güter­standes in die Abrech­nung ein­be­zo­gen wer­den. In diesem Sinne wird im Rah­men der Auflö­sung des Güter­standes nicht zwis­chen ehe- und güter­rechtlichen Forderun­gen unter­schieden, wie von der Beschw­erde­führerin vorgetragen.

3.2.2 Mit der Wen­dung “die Ehe­gat­ten regeln ihre gegen­seit­i­gen Schulden” bringt der Geset­zge­ber in Art. 205 Abs. 3 ZGB die Notwendigkeit der Ent­flech­tung der Ver­mö­gen bei­der Ehe­gat­ten im Rah­men der güter­rechtlichen Auseinan­der­set­zung zum Aus­druck […]. Anders als eine Forderung gegenüber einem Drit­ten, die im Rah­men der güter­rechtlichen Auseinan­der­set­zung einem der Ehe­gat­ten zuge­ord­net wer­den muss und die dieser anschliessend unab­hängig vom anderen Ehe­gat­ten ein­fordern kann, ste­ht für fäl­lige Schulden unter Ehe­gat­ten die Begle­ichung der­sel­ben im Vorder­grund (Botschaft des Bun­desrates vom 11. Juli 1979 zum neuen Ehe‑, Ehegüter- und Erbrecht; BBl 1979 II S. 1313). Verzicht­en die Ehe­gat­ten indes auf die umfassende Auseinan­der­set­zung, sind die fäl­li­gen wie auch die nicht fäl­li­gen Schulden unter Ehe­gat­ten, die die Höhe der Beteili­gungs­forderung und der Mehrw­er­tan­teile (Art. 209 Abs. 3 ZGB) bee­in­flussen, in die Ver­mö­gen­srech­nung einzubeziehen, indem sie beim Gläu­biger als Aktivum und beim Schuld­ner als Pas­sivum verze­ich­net werden […].