2C_961/2010: Darlehen zwischen Schwestergesellschaft i.c. keine geldwerte Leistung; Dreieckstheorie, Simulation; Beschwerdegutheissung (amtl. Publ.)

Die Beschw­erde­führer, ein Ehep­aar, waren Alleinak­tionäre der Y AG und seit Okto­ber 2002 auch der Z AG. Im Laufe des Jahres 2002 gewährte die Y AG der Z AG mehrere Dar­lehen, die sich Ende 2002 auf CHF 560’000 beliefen. Die Dar­lehen wur­den zins­los, ohne jegliche Leis­tung von Sicher­heit­en und teil­weise ohne schriftlichen Ver­trag gewährt.

Die Instanzen des Kan­tons Zürich qual­i­fizierten die genan­nten Dar­lehen als simuliert und rech­neten sie in Anwen­dung der sog. Dreieck­s­the­o­rie vol­lum­fänglich, d.h. in der Höhe von CHF 560’000, als verdeck­te Gewin­nauss­chüt­tung zu den steuer­baren Einkün­ften der Betroffenen.

Die Beschw­erde­führer anerken­nen die Aufrech­nung eines (dem hohen Risiko angemesse­nen) Zins­es von 6.75%, nicht jedoch die Aufrech­nung der gesamten Kred­it­be­träge. Das BGer erken­nt in seinem Entscheid auf Beschwerdegutheissung.

Aus den Erwägungen:

  • Das BGer hat eine Rei­he von Kri­te­rien entwick­elt, die zur Umqual­i­fika­tion eines Aktionärs­dar­lehens in eine geld­w­erte Leis­tung führen, namentlich keine Abdeck­ung des Dar­lehens durch Gesellschaft­szweck oder Ungewöhn­lichkeit im Rah­men der Bilanzstruk­tur (insb. Klumpen­risiko), fehlende Bonität des Schuld­ners, Fehlen von Sicher­heit­en oder Rück­zahlungsverpflich­tun­gen, Nicht­bezahlung von Dar­lehen­szin­sen und Fehlen von schriftlichen Vereinbarungen.
  • Gemäss Dreieck­s­the­o­rie kann eine geld­w­erte Leis­tung an eine Schwest­erge­sellschaft als steuer­bare Leis­tung an den Aktionär qual­i­fiziert wer­den (E. 4.2).
  • Die genan­nten Kri­te­rien kön­nen nicht ohne weit­eres auf die Frage nach der Sim­u­la­tion eines Dar­lehens ange­wandt wer­den (E. 5).

E. 5.1 Es genügt nicht darzule­gen, dass das betr­e­f­fende Dar­lehen zwis­chen einan­der nicht nahe ste­hen­den Drit­ten nicht oder aber nur unter anderen Bedin­gun­gen gewährt wor­den wäre. Vielmehr muss darüber hin­aus aufgezeigt wer­den, dass auf­grund des beson­deren Ver­hält­niss­es unter Nah­este­hen­den mit der Rück­zahlung des Dar­lehens nicht (mehr) ern­stlich gerech­net wer­den kann. Dementsprechend kann den ver­schiede­nen genan­nten Kri­te­rien hier ein anderes Gewicht zukommen.

  • Weit­er muss zwis­chen ursprünglich­er Sim­u­la­tion (Rück­zahlung von Anfang an nicht geplant) und nachträglich­er Sim­u­la­tion (fehlen­der Rück­er­stat­tungswille kann nur im Nach­hinein angenom­men wer­den) unter­schieden wer­den (E. 5.2).

E. 5.2.1 Auch bei der Bes­tim­mung ein­er allfäl­li­gen Sim­u­la­tion ist von dem zwis­chen den Beteiligten abgeschlosse­nen Ver­trag auszuge­hen und die Gesamtheit der konkreten Umstände zu berück­sichti­gen. Je nach­dem recht­fer­tigt es sich, beson­ders auf den Zeit­punkt der Dar­lehens­gewährung abzustellen und spätere Entwick­lun­gen nur insoweit in Betra­cht zu ziehen, als sie zu diesem Zeit­punkt bere­its bekan­nt oder zumin­d­est abse­hbar waren.

In E. 7 (insb. 7.4) begrün­det das BGer, weshalb zwar im vor­liegen­den Fall die Kred­itkon­di­tio­nen nicht drittver­gle­ich­skon­form waren, trotz­dem aber keine Sim­u­la­tion­s­ab­sicht bestand. Die teil­weise man­gel­nden schriftlichen Verträge und die fehlende Abdeck­ung der Dar­lehen durch den Geschäft­szweck waren nicht massgeblich.

E. 7.4.2 Bedeu­ten­der ist, dass die Dar­lehens­ge­berin nicht über genü­gend Ver­mö­gen ver­fügte, um die aus­gerichteten Zuwen­dun­gen aus ihren eige­nen Mit­teln zu leis­ten (vgl. E. 5.1.3). Stattdessen war der Beschw­erde­führer gezwun­gen, den Betrag von CHF 475’000 (Zins 6,25%) bei ein­er Bank aufzunehmen, was in der Höhe von CHF 150’000 sol­i­darisch ver­bürgt wurde; zudem schloss er einen all­ge­meinen Pfand­ver­trag mit der Bank ab und ging er eine Todes­fal­lver­sicherung zur weit­eren Absicherung des Kred­ites ein; schliesslich wurde sog­ar die Pri­vatliegen­schaft der Beschw­erde­führer teil­weise verpfän­det. Daraus lässt sich indessen nichts Schlüs­siges zugun­sten ein­er Sim­u­la­tion­s­ab­sicht ableit­en. Vielmehr ergeben sich daraus sog­ar zwei Indizien gegen eine solche Sim­u­la­tion: Ein­er­seits beweist der Bankkred­it, dass der Beschw­erde­führer (bzw. seine Geschäftssi­t­u­a­tion) im dama­li­gen Zeit­punkt als dur­chaus kred­itwürdig eingestuft wurde, wenn auch nicht für ein zinslos­es und ungesichertes Dar­lehen (vgl. E. 6); auf jeden Fall kon­nte mit diesem Argu­ment eine zukün­ftige Rück­er­stat­tung nicht von vorn­here­in aus­geschlossen wer­den. Ander­er­seits ist, wenn schon auf die wirtschaftlichen und nicht nur die zivil­rechtlichen Ver­hält­nisse abzustellen ist (vgl. E. 2.1), beachtlich, dass der Beschw­erde­führer pri­vat für das Dar­lehen Sicher­heit leis­tete. Das hätte er wohl kaum getan, wenn er von einem endgülti­gen Ver­lust der Forderung aus­ge­gan­gen wäre und die Rück­er­stat­tung von allem Anfang an aus­geschlossen hätte.

E. 7.4.3 Weit­er war der branchenkundi­ge Beschw­erde­führer dur­chaus imstande, die pos­i­tiv­en Zukun­ft­saus­sicht­en des neuen Betriebs abzuschätzen, wie die nach­ma­lige Entwick­lung zeigt. Das Vorge­hen der Beschw­erde­führer in der Start­phase und ihr sei­theriges Engage­ment deuten gesamthaft auf das genaue Gegen­teil als eine von Anfang an beste­hende Sim­u­la­tion: Sie tat­en das Zumut­bare, um der neuen Gesellschaft zum Erfolg zu ver­helfen, damit diese ihren Verpflich­tun­gen nachkom­men kon­nte. Die von den Beteili­gungsin­hab­ern vorgenommene Sanierung hielt zwar einem Drittver­gle­ich nicht stand und hätte auch misslin­gen kön­nen (vgl. u.a. den Fall in StR 57/2002 558 als Gegen­beispiel; siehe auch E. 5.2.3 zur nachträglichen Tota­l­ab­schrei­bung als Kon­se­quenz eines erfol­glosen Sanierungsver­suchs). Unab­hängig vom Aus­gang der unter­nomme­nen Sanierung kann jedoch in einem Fall wie dem hier zu beurteilen­den nicht schon auf­grund beträchtlich­er finanzieller Schwierigkeit­en des Dar­lehenss­chuld­ners auf einen man­gel­nden Rück­er­stat­tungswillen geschlossen wer­den, und noch weniger auf eine schon von Anfang an beste­hende Simulationsabsicht.