Hintergrund dieses Urteils des Bundesgerichts waren konzerninterne Darlehen einer Konzerngesellschaft im Zusammenhang mit einem vom Konzern eingerichteten Zero Balancing Cash Pooling. Im relevanten Geschäftsjahr schrieb die Konzerngesellschaft einen Bilanzgewinn von CHF 29.17 Mio. Die beklagte Revisionsstelle bestätigte die Gesetzesmässigkeit und Statutenkonformität einer Dividendenzahlung von CHF 28.5 Mio. an die Konzernmutter als alleinige Aktionärin. Die Konzerngesellschaft — mittlerweile in Nachlassliquidation — fasste die Revisionsstelle wegen dieser vorbehaltlosen Genehmigung der überhöhten Dividende aus aktienrechtlicher Verantwortung ins Recht. Das für die Dividendenausschüttung verwendbare Eigenkapital der Konzerngesellschaft von CHF 29.17 Mio. sei zufolge der konzerninternen Darlehen im Umfang von CHF 23.65 Mio. — die in den Anwendungsbereich von Art. 680 Abs. 2 OR fallen würden — bereits beansprucht gewesen, weshalb nur ein Betrag von CHF 5.52 Mio. als Dividende hätte ausgeschüttet werden dürfen.
Das Handelsgericht Zürich wies die Klage mit Urteil vom 9. März 2012 ab. Nachdem das Bundesgericht eine gegen dieses Urteil eingereichte Beschwerde teilweise gutgeheissen hatte, hiess das Handelsgericht Zürich die Klage mit Urteil vom 20. Januar 2014 teilweise gut. Sie folgte der Argumentation der Konzerngesellschaft, wonach die konzerninternen Darlehen zwar keine direkte Einlagerückgewähr darstellen, jedoch eine Sperrung der für die Dividendenausschüttung zur Verfügung stehenden freien Mittel bewirken würden. Die Revisionsstelle reichte gegen dieses Urteil Beschwerde ein.
Die Revisionsstelle macht zunächst geltend, die Konzerngesellschaft sei ihrer Schadenminderungspflicht nicht nachgekommen, da sie ihren Rückerstattungsanspruch für die angeblich zu viel bezahlte Dividende nicht richtig durchgesetzt habe. Diese Rüge gab dem Bundesgericht die Gelegenheit, sich erstmals zum Verhältnis der Rückerstattungsklage (gemäss Art. 678 OR) zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsklage (gemäss Art. 754 ff. OR) zu äussern. Das Bundesgericht wies zunächst auf die in der Lehre vertretenen, unterschiedlichen Ansichten hin und folgte dann der Ansicht von Böckli, wonach die Schadenminderungsobliegenheit eine zu schmale rechtliche Basis ist, um eine derart einschneidende Zurücksetzung der im Gesetz angelegten Verantwortlichkeitsklage zu tragen (E. 3.2.2. f.):
Eine derart grundsätzliche strukturelle Frage wie jene nach dem Verhältnis von Rückerstattungs- und Verantwortlichkeitsklage kann nicht über die Schadenminderungsobliegenheit gelöst werden. Die Vorinstanz ist damit zu Recht zur Auffassung gelangt, dass die Klägerin im vorliegenden Fall nicht gehalten war, vor dem Verantwortlichkeitsprozess eine Rückerstattungsklage nach Art. 678 OR gegen […] anzustrengen.
Die nächste Rüge der Revisionsstelle betraf die Frage, ob die von der Konzerngesellschaft gewährten konzerninternen Darlehen die Kapitalschutzvorschriften des Aktienrechts verletzten. Das Bundesgericht hielt dazu mit Verweis auf die Lehre fest (E. 4.2):
Die genannten Kapitalschutzvorschriften setzen auch der Gewährung von Darlehen unter Konzerngesellschaften Grenzen. Bei einem Darlehen einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft (sog. up-stream-Darlehen) stellt sich insbesondere die Frage, ob unter dem Deckmantel eines Darlehens in Wirklichkeit eine Ausschüttung von geschütztem Eigenkapital an die Aktionärin erfolgt und damit gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstossen wird […]. Dies gilt auch für Darlehen an Schwestergesellschaften (sog. cross-stream ‑Darlehen), da die Darlehensvaluta diesfalls über die Beteiligungsverhältnisse indirekt an die Muttergesellschaft als Aktionärin der Darlehensgeberin und der Borgerin fliessen […].
Und weiter:
Nach herrschender Lehre stellt ein Darlehen an eine Mutter- oder Schwestergesellschaft dann eine kapitalschutzrechtlich relevante Ausschüttung dar, wenn das Darlehen nicht zu Markt- bzw. Drittbedingungen ausgerichtet worden ist […]. Solange das durch Art. 680 Abs. 2 OR geschützte Kapital durch die Ausschüttung nicht berührt ist, d.h. der nicht zu Marktbedingungen geleistete Darlehensbetrag nicht aus dem geschützten, sondern aus dem freien Eigenkapital herrührt, liegt zwar kein Verstoss gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vor; im Ergebnis führt eine solche Ausschüttung mit Blick auf eine Dividendenausschüttung aber zu einer faktischen Sperrung des freien Eigenkapitals im Umfang des ausgerichteten Darlehensbetrags […]. Denn bliebe das nicht zu Marktbedingungen ausgerichtete und damit Ausschüttungscharakter aufweisende Darlehen bei der Bestimmung der ausschüttbaren Dividende unberücksichtigt, würde das freie Eigenkapital doppelt verwendet, nämlich im Zusammenhang mit dem erfolgten Darlehen einerseits und der geplanten Dividende andererseits.
Auf die einzelnen Vorbringen der Revisionsstelle ging das Bundesgericht in der Folge nicht ein (E. 4.5). Zunächst bezeichnete es bereits im Ansatz fragwürdig, ob die Teilnahme an einem Cash Pool, bei der die Teilnehmerin über ihre Liquidität verfügt, als solche überhaupt einem Drittmannstest standhält. Diese Frage beurteilte das Bundesgericht allerdings nicht vertieft, da die von der Konzerngesellschaft ausgerichteten Darlehen unbestrittenermassen nicht besichert waren und die Revisionsstelle im vorinstanzlichen Verfahren auch nicht behauptet hatte, sich mit der Bonität der Schuldnerinnen befasst zu haben. Allein aufgrund dieser Umstände kann aber, so das Bundesgericht, ein vollkommen ungesichertes Darlehen in der Höhe von insgesamt CHF 23.65 Mio. nicht als Marktbedingungen entsprechend bezeichnet werden.
Die Revisionsstelle brachte schliesslich vor, die Vorinstanz habe für ihre Berechnung des gesperrten bzw. ungesperrten Kapitals im Zusammenhang mit den Aktionärsdarlehen zu Unrecht nur auf den Bilanzgewinn abgestellt, sondern hätte auch das Agio zum nicht durch Art. 680 Abs. 2 OR geschützten Kapital rechnen müssen. Nachdem das Bundesgericht die in der Lehre vertretenen, unterschiedlichen Auffassungen darstellte, folgte es der herrschenden Ansicht, wonach das Agio wie eine gewöhnliche allgemeine Reserve zu behandeln ist und keinen besonderen Schutz, namentlich des Verbots der Einlagerückgewähr gemäss Art. 680 Abs. 2 OR geniesst (E. 6.2.2.):
Die Mehrheitsmeinung überzeugt und findet ihre Stütze namentlich im klaren Wortlaut von Art. 671 OR: Abs. 2 Ziff. 1 OR bestimmt, dass das Agio der allgemeinen Reserve zuzuweisen ist. Aus Abs. 3 OR e contrario folgt sodann, dass die allgemeine Reserve — und damit auch das in diese kraft Abs. 2 Ziff. 1 zugewiesene Agio — frei verwendet werden darf, soweit sie die Hälfte des Aktienkapitals übersteigt. Dies entspricht nicht zuletzt auch den Vorstellungen des Steuergesetzgebers, geht dieser doch seit der Einführung des Kapitaleinlageprinzips durch die Unternehmenssteuerreform II davon aus, dass Agio ausgeschüttet werden darf […]. Das Agio fällt mithin nicht in den Anwendungsbereich von Art. 680 Abs. 2 OR und kann als Teil der (ungesperrten) allgemeinen Reserve im Verfahren der Dividendenausschüttung ausbezahlt werden (Art. 675 Abs. 2 OR […]).
Gestützt darauf hiess das Bundesgericht die Beschwerde in diesem Punkt gut, hob das Urteil des Handelsgerichts auf und wies die Vorinstanz an, die ausschüttbare Dividende und damit verbunden den von der Konzerngesellschaft durch die Pflichtverletzung der Revisionsstelle erlittenen Schaden neu zu berechnen.