4A_356/2011: Gerichtliche Festlegung von Bonuskriterien in einem lückenhaften Arbeitsvertrag

Das BGer hat­te einen Arbeitsver­trag auszule­gen, der für die ersten bei­den Anstel­lungs­jahre 1999 und 2000 einen Bonus vor­sah (CHF 850’000 für 1999 zur Entschädi­gung des Bonusaus­falls von der früheren Anstel­lung, 2000 mind. CHF 850’000). Für die fol­gen­den Jahre wurde ein Bonus jedoch wed­er fest­gelegt noch aus­geschlossen. Nach der Ent­las­sung des Arbeit­nehmers klagte dieser auf Auszahlung eines Bonus für das Jahr 2002 (2001 hat­te er eben­falls einen Bonus erhalten).

Fraglich war u.a., ob das Schweigen für die Fol­ge­jahre ein qual­i­fiziertes war, ob die Parteien maW einen Bonus aus­geschlossen hat­ten. Das BGer betra­chtete den Ver­trag wie das OGer zH als Vorin­stanz als lück­en­haft, weil die Parteien auf­grund der Umstände — u.a. auf­grund der mark­tüblichen Löhne und auf­grund der all­ge­meinen Bonus­poli­tik der Arbeit­ge­berin — wenig­stens grund­sät­zlich von Bonuszahlun­gen auch für die Fol­ge­jahre aus­ge­gan­gen seien. Das OGer ZH hat­te die Ver­tragslücke durch die Annahme gefüllt, die Arbeit­ge­berin hätte sich einem ver­traglichen Anspruch auf Bonuszahlung angesichts der für die ersten bei­den Jahre vere­in­barten Boni in beträchtlich­er Höhe kaum wider­set­zen kön­nen. Sie hätte den Bonus nur von Bedin­gun­gen abhängig machen kön­nen. Beachtliche Kri­te­rien wären der Geschäfts­gang und die per­sön­liche Leis­tung des Arbeit­nehmers gewese. Fol­glich sei der Ver­trag durch die Regel zu ergänzen, dass ein Bonu­sanspruch bestand, aber abhängig von diesen Kri­te­rien (unechte Grat­i­fika­tion).

Das BGer schützt dieses Urteil vor dem Hin­ter­grund sein­er Recht­sprechung, dass die Ver­weigerung ein­er Grat­i­fika­tion­szahlung gegen das indi­vidu­elle Diskri­m­inierungsver­bot ver­stossen kann und angesichts der Lehrmei­n­ung, ein Arbeit­nehmer könne eine betriebliche Übung betr. Grat­i­fika­tio­nen grund­sät­zlich auch für sich in Anspruch nehmen.

Der Arbeitsver­trag sah schliesslich einen Weg­fall des Bonus vor bei ein­er Kündi­gung “for cause”. Konkret war die Kündi­gung jedoch auf­grund unter­schiedlich­er Ver­hand­lungspo­si­tio­nen betr. einen Wech­sel des Arbeit­sortes erfol­gt. Das ist kein wichtiger Grund (“cause”). Das BGer liess deshalb auch die Frage aus­drück­lich offen, ob der Bonus nicht angesichts sein­er rel­a­tiv­en Höhe (rund CHF 800’000 im Ver­hält­nis zu einem Fixlohn von CHF 270’000) als Lohn zu qual­i­fizieren war, wodurch die Weg­fal­lk­lausel ohne­hin nichtig gewe­sen wäre.