BVGer: Rückerstattung Verrechnungssteuer, Konzept des beneficial owners, Abkommensmissbrauch (DBA-DK)

Die Beschw­erde­führerin schloss in den Jahren 2006 bis 2008 mit ver­schiede­nen Gegen­parteien Total-Return-Swap-Kon­trak­te bezüglich Aktien kotiert­er Schweiz­er Gesellschaften ab. Zur Absicherung der Risiken erwarb die Beschw­erde­führerin die entsprechen­den Aktien. Auf den Div­i­den­de­nauss­chüt­tun­gen wurde jew­eils die Ver­rech­nungss­teuer erhoben. Strit­tig war vor­liegend die Frage der Rück­er­stat­tung der Verrechnungssteuer.

Das BVGer hiess die Beschw­erde im Wesentlichen gut.

Bei den Total-Return-Swap-Kon­trak­ten han­delt es sich um einen Tausch der gesamten Erträge eines Aktivums (oder Port­fo­lios) gegen einen fest­gelegten Zahlungsstrom […]. Bei den vor­liegen­den Total-Return-Swap-Kon­trak­ten war die Beschw­erde­führerin bei Fäl­ligkeit der Swap-Vere­in­barung zur Leis­tung der gesamten Wer­ten­twick­lung (Kurs­gewinn und Div­i­den­den) auf dem Basiswert (Schweiz­erisch­er Aktienko­rb) an die Ver­tragspartei verpflichtet. Im Gegen­zug erhielt sie von dieser eine vari­able Zin­sentschädi­gung (Libor) zuzüglich ein­er Marge. Diese Swap-Geschäfte sicherte die Beschw­erde­führerin durch den Kauf des betr­e­f­fend­en Aktienko­rbs ab. Die Beschw­erde­führerin war dem­nach zwar verpflichtet, die Beträge in der Höhe der Kurs­gewinne und der Div­i­den­den der Gegen­partei des Total-Return-Swaps als Teil der Wer­ten­twick­lung zu leis­ten, erzielte aber ander­er­seits dank der Absicherung Div­i­den­den und Kurs­gewinne in gle­ich­er Höhe. Im Weit­eren wur­den sowohl die Swap-Transak­tio­nen als auch der Kauf sowie Verkauf der Aktien durch die Beschw­erde­führerin ausser­börslich über inter­na­tionale “Bro­ker” getätigt. Zudem ist unbe­strit­ten, dass keine der Swap-Transak­tio­nen eine Dauer von weniger als drei Monat­en aufwies. Die Durch­schnitts­dauer betrug sechs Monate. 

Die NZZ fasst den Entscheid wie fol­gt zusammen:

Laut Entscheid vom 7. März muss die ESTV der Klägerin Ver­rech­nungss­teuern von knapp CHF 54 Mio. zurück­er­stat­ten. Das Finanzin­sti­tut war soge­nan­nte Total-Return-Swaps – eine spezielle Form von Derivat­en – mit Kun­den aus der EU und den USA einge­gan­gen. Die ESTV hat­te im Jahr 2008 die Rück­er­stat­tung von Ver­rech­nungss­teuern auf Div­i­den­den ver­weigert, da der Ein­satz des Swap-Kon­trak­ts auss­chliesslich steuer­lich motiviert gewe­sen sei. Die Bank habe die Aktien sys­tem­a­tisch vor der Fäl­ligkeit der Div­i­den­den erwor­ben und diese mit­tels Swap-Kon­trak­ten an Drittparteien ver­rech­nungss­teuer­frei weit­ergeleit­et. Das Bun­desver­wal­tungs­gericht sieht dies anders. Es ist zum Schluss gekom­men, dass das Vorge­hen zuläs­sig ist. Entschei­dend dafür war, dass das Insti­tut im Rah­men des Swap-Kon­trak­ts die Div­i­den­den auch liefern muss, wenn es die Auss­chüt­tung selb­st nicht erhal­ten hat. Daraus schliesst das Gericht, dass die Bank nach Abschluss des Total-Return-Swaps die Nutzungs­berechtigte an den Aktien bleibt.Der Entscheid des Bun­desver­wal­tungs­gerichts hat nach Ansicht von Steuer­ex­perten weitre­ichende Fol­gen. Der Betrag der davon betrof­fe­nen Rück­er­stat­tun­gen wird in der Branche auf über CHF 1 Mrd. geschätzt. […]Laut Mar­tin Busen­hart und Mar­cus Desax, Part­ner bei der Anwalt­skan­zlei Walder Wyss, die vor Bun­desver­wal­tungs­gericht die Klägerin vertreten haben, han­delt es sich wohl um das weltweit erste Urteil über die Frage der Nutzungs­berech­ti­gung bei Finanzpro­duk­ten. Es wird inter­na­tion­al für Auf­se­hen sor­gen und voraus­sichtlich die laufend­en Arbeit­en der OECD zu dieser Frage bee­in­flussen. Die Steuer­be­hörde wurde bere­its 2005 auf solche Div­i­den­den­transak­tio­nen von Finanzin­sti­tuten aufmerk­sam und nahm diese daraufhin ins Visi­er. Zahlre­iche Anträge auf Rück­er­stat­tung wur­den in der Folge abgewiesen. Dem Vernehmen nach sind derzeit bei der ESTV noch mehr als 10 ähn­liche Fälle pen­dent. Wenn nun die betrof­fe­nen Finanzin­sti­tute ihren Anspruch auf Rück­er­stat­tung der Ver­rech­nungss­teuern vor Gericht erfol­gre­ich ein­kla­gen, kön­nte dies für den Fiskus teuer werden.