Überwachung des Fernmeldeverkehrs: Pflichten von Dienstanbieterinnen bei Überwachungsmassnahmen im Internet

Das Eid­genös­sis­che Jus­tiz- und Polizei­de­parte­ment (EJPD) und das Bun­de­samt für Jus­tiz (BJ) haben in der aktuellen Aus­gabe der „Ver­wal­tung­sprax­is der Bun­des­be­hör­den“ (VPB 1/2012 vom 1. Mai 2012, S. 28–54) ein Rechtsgutacht­en (Gutacht­en vom 16. April 2012) zur Überwachung des Fer­n­melde- und Inter­netverkehrs durch Anbi­eterin­nen von Fer­n­melde­di­en­sten und Inter­net­di­en­sten veröffentlicht.

Das Gutacht­en umfasst fol­gende Fragen:

  • Verpflich­tung der Inter­net-Anbi­eterin­nen, im konkreten Einzelfall Ausleitun­gen des IP-Verkehrs an den Dienst Überwachung des Post- und Fer­n­melde­v­erkehrs (Dienst ÜPF) durchzuführen
  • Verpflich­tung der Inter­net-Anbi­eterin­nen, sich tech­nisch auf die Ausleitung des IP-Verkehrs vorzubereiten
  • Tra­gung der Kosten der tech­nis­chen Vor­bere­itung durch die Anbieterinnen
  • Allfäl­lige Über­wälzung der Kosten auf die anord­nen­den Behörden
  • «Zer­ti­fizierung» und «Com­pli­ance-Prozess»
  • Beschw­erde­berech­ti­gung der Anbieterinnen
  • Durch­set­zung der richti­gen Anwen­dung der Geset­zge­bung durch die Bundesbehörden
  • Empfehlun­gen für die Gesetzgebung

Das Gutacht­en wird in der VPB mit drei Regesten zusammengefasst:

1. Auf­grund man­gel­nder Koor­di­na­tion zwis­chen dem BÜPF und der VÜPF ist die Recht­slage betr­e­f­fend die Pflicht­en der Inter­net-Anbi­eterin­nen ausser­halb des Kat­a­logs von Artikel 24 VÜPF unsich­er. Nach der Ein­schätzung des BJ sind die Anbi­eterin­nen nur zu den Überwachun­gen gemäss dem Kat­a­log verpflichtet (Teil­frage a). Daher sind auch nur in diesem Rah­men verpflichtet, sich tech­nisch auf Überwachun­gen vorzu­bere­it­en (b), und sie müssen nur in diesem Rah­men die Kosten dieser tech­nis­chen Vor­bere­itung sel­ber tra­gen ©. Eine weit­erge­hende Verpflich­tung zur tech­nis­chen Aufrüs­tung kann ohne eine Revi­sion der VÜPF nicht einge­führt werden.
2. Die beim Dienst ÜPF und bei den Inter­net-Anbi­eterin­nen entste­hen­den Kosten für in Artikel 24 VÜPF nicht vorge­se­hene Überwachun­gen kön­nen auf die anord­nen­den Behör­den über­wälzt wer­den. Es ist jedoch zu beacht­en, dass auf­grund der unsicheren Recht­slage betr­e­f­fend die materielle Verpflich­tung der Anbi­eterin­nen zur tech­nis­chen Vor­bere­itung (Frage 1) die Abgren­zung zwis­chen zu über­wälzen­den vari­ablen Kosten und nicht zu über­wälzen­den Fixkosten mit einiger Recht­sun­sicher­heit behaftet ist.
3. Der Dienst ÜPF kann über­prüfen, ob die Fer­n­melde­di­enst-Anbi­eterin­nen ihre Pflicht erfüllen, sich tech­nisch auf die in Gesetz und Verord­nung vorge­se­henen Überwachun­gen vorzu­bere­it­en. Er kann diese Verpflich­tung durch Ver­fü­gun­gen konkretisieren, aber nicht ausweiten.